In wenigen Tagen wird gewählt: Vom 23. bis zum 26. Mai können mehr als 400 Millionen Europäer ihre Stimme für ein neues Europaparlament abgeben. Der deutsche Christsoziale Manfred Weber und der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans gehen als Spitzenkandidaten ihrer europäischen Parteienfamilie ins Rennen.
Am heutigen Donnerstag (20.15 Uhr) liefern sie sich im ZDF ihr zweites und letztes TV-Duell im deutschen Fernsehen. Wofür stehen die beiden, die sich Chancen auf die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ausrechnen?
Die Kandidaten
Weber: Der CSU-Politiker Manfred Weber sitzt seit 2004 im Europaparlament. Seit 2014 führt er die Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei mit mehr als 200 Abgeordneten aus der ganzen EU. Der 46-Jährige ist kein Freund offener Konfrontation, sondern kämpft lieber im Hintergrund für seine Ziele. Im Wahlkampf tourt der Niederbayer allerdings unermüdlich durch Europa und präsentiert sich als heimatverbundener Europäer, der die EU wieder näher an ihre Bürger bringen möchte.
Timmermans: Der Niederländer ist seit 2014 Stellvertreter von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Zuständig für Fragen des Rechtsstaats, legte sich der 58-Jährige in den vergangenen Jahren mit den Regierungen in Polen, Ungarn und Rumänien an. Aus diesen Ländern schlägt ihm teils offene Feindseligkeit entgegen. Der Diplomatensohn und frühere Außenminister spricht sieben Sprachen und hofft auf eine Mehrheit mit Grünen, Liberalen und Linken im Parlament.
Umwelt- und Klimaschutz
Weber: Der Christdemokrat will sich für ein weltweites Verbot von Einwegplastik sowie für eine Steuer auf Flugzeugtreibstoff einsetzen. Eine verpflichtende Abgabe auf den Ausstoß von klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) lehnt er allerdings ab.
Timmermans: Der Sozialdemokrat hält im Gegensatz zu Weber eine CO2-Steuer für den Klimaschutz für unerlässlich. Eine Kerosinabgabe befürwortet er ebenso.
Arbeit, Soziales & Unternehmen
Timmermans: Um die Ungleichheit zwischen armen und reichen Ländern zu verringern, fordert Timmermans die Einführung eines EU-weiten Mindestlohns. Dieser soll in jedem Mitgliedsland etwa 60 Prozent des jeweiligen nationalen mittleren Einkommens entsprechen. Zudem spricht er sich dafür aus, die Position von Gewerkschaften zu verbessern, damit sie für die Beschäftigten bessere Löhne und Gehälter aushandeln können. Auch für eine europäische Arbeitslosenversicherung will er sich einsetzen.
Weber: Der Deutsche lehnt die Forderung nach einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung und nach einem EU-weiten Mindestlohn ab. Stattdessen will er lieber dafür sorgen, die Position von Unternehmen zu stärken, damit diese Arbeitsplätze sichern oder schaffen können. In Ausnahmefällen will er zum Beispiel Zusammenschlüsse von europäischen Unternehmen trotz wettbewerbsrechtlicher Bedenken befürworten - wenn diese denn die Position der EU auf dem Weltmarkt stärken können.
Migration & Afrika
Weber: Immer wieder betont Weber, dass nicht Schlepper und Menschenhändler darüber entscheiden dürfen, welche Migranten es bis nach Europa schaffen. Deshalb hat er den Außengrenzschutz zu einem zentralen Anliegen seines Wahlkampfes gemacht. Er will die EU-Staaten dazu bewegen schon bis 2022 rund 10.000 Grenzschützer bereitzustellen. Derzeitige Pläne sehen 2027 vor. Das Verhältnis zwischen der EU und Afrika möchte Weber deutlich ausbauen. Dabei setzt er auf Handelsverträge und besondere Partnerschaften mit den Ländern.
Timmermans: Ein besseres Verhältnis zwischen Europa und Afrika ist auch für Timmermans eine der großen außenpolitischen Aufgaben der kommenden Jahre. Er betont, dass die Migrationsfrage eng damit verbunden ist. Die EU werde ihre Probleme jedoch nicht durch einzelne Abkommen lösen, in denen man afrikanische Staaten gegen Geld zur Rücknahme von Migranten verpflichtet. Auch Timmermans will sich für schnelle Fortschritte beim Schutz der Außengrenzen einsetzen.
Wahlrecht
Timmermans: Der Niederländer fordert die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. In dem Alter wüssten Jugendliche schon, was sie wollten, sagte Timmermans jüngst und verwies als Beispiel auf die 16-jährige Klimaaktivistin Greta Thunberg.
Weber: Diskutieren müsse man die Herabsetzung des Wahlalters bei der Europawahl, sagt Weber. Allerdings will er sich nicht darauf festlegen, dass künftig schon 16-Jährige an Wahlen teilnehmen dürfen sollten. Zudem verweist er darauf, dass die Festlegung des Wahlalters eine Angelegenheit der EU-Staaten sei.