Die EU-Mittelmeer-Mission "Sophia" vor Libyen soll wegen des Streits um die Flüchtlingsaufnahme mit Italien teilweise ausgesetzt werden. Wie EU-Kreise am Dienstagabend mitteilten, soll die Mission nochmals vorläufig um sechs Monate bis Ende September verlängert werden. Allerdings werden die beiden letzten noch im Einsatz befindlichen Schiffe des Marine-Einsatzes abgezogen.
Im Gegenzug solle aber die Luftüberwachung verstärkt werden. "Es gab Fortschritte heute", hieß es von Diplomaten in Brüssel nach Ende von zweitägigen Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten über die Zukunft von "Sophia". Eine geplante Vereinbarung sieht nun vor, dass die Mission zwar fortgeführt wird, aber keine Schiffe mehr einsetzt.
Automatisch nach Italien
Der "Sophia"-Einsatz endet nach bisherigem Stand am 31. März. Die italienische Regierung will seit Monaten erreichen, dass die Mission nicht mehr automatisch alle geretteten Flüchtlinge nach Italien bringt und fordert dazu eine Überarbeitung der Einsatzregeln. Der von Rom angestrebten Änderung stand jedoch entgegen, dass sich Länder wie Ungarn oder Polen weigern, einem festen Umverteilungsmechanismus zuzustimmen. Deshalb drohte Rom, die Verlängerung des "Sophia"-Mandats zu blockieren.
Erhebt bis Mittwochmittag kein EU-Staat Einspruch, tritt die nun gefundene Regelung in Kraft und die Mission wird verlängert. Dass es zu einem Einspruch kommt, gilt allerdings als sehr unwahrscheinlich, weil die Operation dann Ende des Monats mangels Mandats komplett eingestellt werden müsste. Das aktuelle Mandat läuft am 31. März aus.
Temporär ausgesetzt
Der Einsatz von Schiffen wird "temporär ausgesetzt", wie es aus EU-Kreisen hieß. Ziel sei es, in der Zeit bis September weiter nach einer Lösung für die Aufnahme von Flüchtlingen zu suchen, die auch Italien zufriedenstellt. Seit die populistische Regierung in Rom im Amt ist, hat Italien einen scharfen Anti-Migrations-Kurs eingeschlagen. Mehrfach wurden Schiffe mit geretteten Menschen im Mittelmeer blockiert.
Fortgeführt werden solle auch die zur "Sophia"-Mission gehörende Ausbildung der libyschen Küstenwache. Es war zunächst unklar, ob die Mission weiter in der Lage sein wird, auch ein UNO-Waffenembargo gegen Libyen zu überwachen und wie vorgesehen gegen illegale Ölexporte aus dem Land vorzugehen.
Bekämpfung von Schlepperbanden
"Sophia" war 2015 gegründet worden und dient vornehmlich der Bekämpfung von Schlepperbanden vor Libyen, die Migranten auf die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer schicken. Dabei hat der Einsatz in den vergangenen drei Jahren auch über 45.000 Menschen aus Seenot gerettet.
Die deutsche Regierung entsendet seit Februar kein Schiff mehr für die Mission. Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte der italienischen Einsatzführung vorgeworfen, die "Sophia"-Schiffe zuletzt weitab der Flüchtlingsrouten stationiert zu haben, wo sie ihre Aufgabe im Kampf gegen Menschenhändler nicht wahrnehmen könnten - offensichtlich um auszuschließen, dass Migranten gerettet werden, die dann nach Italien gebracht würden.
Nach Angaben der Missionsführung waren zuletzt noch ein spanisches und ein italienisches Schiff im Einsatz. Zudem waren zwei Flugzeuge aus Polen und Luxemburg beteiligt sowie zwei Hubschrauber aus Spanien und Italien.
Fortsetzung gefordert
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die EU-Staaten in den vergangenen Monaten mehrfach eindringlich dazu aufgerufen, eine Fortsetzung der Operation Sophia zu ermöglichen. Sie verwies darauf, dass die Zahl der illegal in Europa ankommenden Migranten im Verlauf des Einsatzes um mehr als 80 Prozent gesunken sei - unter anderem durch die Ausbildung der libyschen Küstenwache.