Die Innenministeriums-Staatssekretärin und ÖVP-Listenzweite bei der EU-Wahl, Karoline Edtstadler, hat scharfe Kritik an der rumänischen Regierung geübt, die die frühere rumänische Korruptions-Chefanklägerin, Laura Kövesi, die nach dem Willen des Europaparlaments die geplante Europäische Staatsanwaltschaft leiten soll, unter Druck setzt.

Kövesi habe durch ihren erfolgreichen Kampf gegen Korruption in Rumänien eine Vielzahl an Politikern der regiereden Sozialdemokraten (PSD) vor Gericht gebracht, erklärte Edtstadler in einer der APA am Samstag übermittelten Stellungnahme. Jetzt sehe sich Kövesi "einer unglaublichen Hetzjagd durch die rumänische Regierung ausgesetzt. Gleichzeitig will die sozialdemokratische Regierung ihren verurteilten Parteimitgliedern unter fadenscheinigen Gründen Amnestie gewähren. Hier wird ganz offensichtlich der Rechtsstaat mit Füßen getreten. Das ist ein inakzeptables Vorgehen insbesondere für ein EU-Ratsvorsitzland", kritisierte die Staatssekretärin.

Vorzeitig entlassen

Kövesi war von 2013 bis zum 9. Juli 2018 Chefin der Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft (DNA) in Rumänien. Auf Betreiben der Regierung wurde sie vorzeitig entlassen. Kritiker führen dies auf Bestrebungen der Regierung zurück, korruptionsverdächtige Politiker schützen zu wollen. Die rumänische Regierung - allen voran Justizminister Tudorel Toader, der Kövesis Absetzung von der DNA-Spitze betrieben hatte - ist gegen ihre Berufung an die Spitze der EU-Staatsanwaltschaft. Diese soll planmäßig 2020 in Luxemburg ihre Arbeit aufnehmen. Sie soll unabhängig gegen Vergehen gegen das EU-Budget wie Betrug, Korruption und Mehrwertsteuerbetrug über zehn Millionen Euro ermitteln.

Im zuständigen Justizausschuss des EU-Parlaments erhielt Kövesi diese Woche die meisten Stimmen unter insgesamt drei Bewerbern. Das Parlament und die EU-Staaten müssen sich in den kommenden Wochen noch auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. PSD-Generalsekretär Codrin Stefanescu wertete das Abstimmungsergebnis im EU-Parlament als "abscheulich" - der Ausschuss habe just Rumäniens "oberste Henkerin" zur neuen Europäischen Chefanklägerin auserkoren.

Defizite bei Rechtsstaatlichkeit

Die EU-Kommission hatte Rumänien erst kürzlich erhebliche Defizite bei Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und Unabhängigkeit der Justiz bescheinigt. Zuletzt schränkte die rumänische Regierung die Befugnisse des Generalstaatsanwalts deutlich ein. Ministerpräsidentin Viorica Dancila verfügte per Eilverordnung, dass Beschlüsse der Spezialeinheit der Staatsanwaltschaft, die gegen Kövesi ermittelt, nicht mehr von dem obersten Ankläger außer Kraft gesetzt werden können. Die 2018 gegründete Spezialeinheit ist nur für Ermittlungen gegen Staatsanwälte und Richter zuständig. Mitte Februar beschuldigte sie Kövesi der Korruption. Kövesi wurde deswegen für Donnerstag erneut von der rumänischen Justiz vorgeladen.

PSD-Chef Liviu Dragnea, der selbst nicht Regierungschef sein darf, weil er wegen Korruption verurteilt wurde, trat unterdessen am Samstag mit Eigenlob für die amtierende rumänische EU-Ratspräsidentschaft, die die Regierung in Bukarest ausübt, in Erscheinung. Rumänien stelle "erfolgreich" die Präsidentschaft sicher, erklärte der Parlamentspräsident in der Stadt Resita laut Agentur Agerpres. "Ich habe mit vielen europäischen Vertretern gesprochen. (...) Jeder sagt mit großer Zufriedenheit, dass es eine sehr erfolgreiche Präsidentschaft ist. Nur eine Information: In eineinhalb Monaten hat die Regierung unter Führung von Viorica Dancila (...) mehr europäische Angelegenheiten ad acta gelegt als die österreichische Präsidentschaft in sechs Monaten." Österreich hatte vor Rumänien im zweiten Halbjahr 2018 den EU-Ratsvorsitz inne.