Die Europäische Volkspartei geht mit ihrem derzeitigen Fraktionschef Manfred Weber als Spitzenkandidaten in die Europawahl. Der deutsche Christsoziale setzte sich am Donnerstag beim EVP-Kongress in Helsinki mit großer Mehrheit gegen den finnischen Ex-Premier Alexander Stubb durch. Der Kandidat der EVP hat Umfragen zufolge die besten Chancen, Nachfolger von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu werden. Sollte es so kommen, wäre mit Weber erstmals seit 50 Jahren ein Deutscher an der Spitze der EU stehen - nach Walter Hallstein in den 60-er Jahren.
Weber erhielt demnach 79 Prozent der abgegebenen Stimmen, sein Kontrahent kam auf 20 Prozent. Weber war als Favorit in die geheime Wahl durch die 758 Delegierten aus den EU-Staaten gegangen, hatte er doch die Unterstützung aller Staats- und Regierungschefs der EVP. Stubb hatte gehofft, die Delegierten in der geheimen Wahl auf seine Seite ziehen zu können. Inhaltlich gibt es kaum Differenzen zwischen den beiden Politikern.
Die ÖVP ist mit 16 Delegierten in Helsinki vertreten, darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn. Alles andere als ein klarer Sieg Webers wäre eine Überraschung gewesen, unterstützen ihn doch alle konservativen Staats- und Regierungschefs. Als erster hatte sich Kurz hinter den bayerischen Christlichsozialen gestellt, den er als "starken, überzeugenden Kämpfer für ein besseres Europa" ansieht. Stubb gilt als Vertreter der Orban-Kritiker innerhalb der EVP. Der EVP-Spitzenkandidat hat gute Chancen, nach der Europawahl im Mai EU-Kommissionspräsident zu werden.
Der jetzige Chef der Brüsseler Behörde, Jean-Claude Juncker, will sich ebenso wie EU-Ratspräsident Donald Tusk und Brexit-Chefverhandler Michel Barnier an die Delegierten wenden. Mit Spannung wird auch der Auftritt der deutschen Kanzlerin Angela Merkel erwartet, die zum letzten Mal als Chefin der deutschen Christdemokraten an einem EVP-Treffen teilnimmt.