Ein Blick, an den wir uns in den nächsten Wochen gewöhnen müssen. Sechs Männer, aufgefädelt in einem TV-Studio, reden über sich und einen, der nicht dabei ist – Alexander Van der Bellen. Überraschungen sind in der ersten elefantenlosen Elefantenrunde, vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl, Sonntagabend in ORF2 ausgeblieben. "Es kommt mir fast lächerlich vor, wer sich da zutraut, das erste Amt im Staat auszuüben", sagt ein Passant in einem Einspieler vor der Diskussionsrunde. Man wagt kaum, ihm zu widersprechen.
Die Kandidaten Walter Rosenkranz, Dominik Wlazny, Gerald Grosz, Heinrich Staudinger, Michael Brunner und Tassilo Wallentin nutzen die erste Runde, um Kritik am abwesenden Amtsinhaber ("Passiv", "amtsmüde", "staatspolitisch extrem schlecht, dass er nicht da ist") zu üben. Auch das werden wir noch öfters hören. Das einführende Verfassungsquiz von Moderatorin Claudia Reiterer, mit Unterstützung von Verfassungsjurist Karl Stöger, erinnert an eine mündliche Maturaprüfung. Kandidat Gerald Grosz spricht von einer "Gouvernantenprüfung" und schimpft: "Das ist ja kein Kindergarten." In der Zirkusarena ohne Elefanten werden Fragen wie "Kann der Bundespräsident ein einzelnes Regierungsmitglied entlassen?" gestellt. Antwort: "Nur auf Vorschlag des Bundeskanzlers."
Neutralität, Wehrdienst, EU-Mitgliedschaft
Das Thema Neutralität darf in der Diskussionsrunde nicht fehlen. Sie wird prinzipiell von allen Kandidaten begrüßt (Rosenkranz: "Neutralität ist eine verdammte Verpflichtung") begrüßt, sie sehen jedoch Reformbedarf. Mehr Geld ins Heer zu stecken, "sei hirnrissig", sagt Staudinger. Keiner der sechs Diskutanten wünscht sich einen verpflichtenden Wehrdienst für Frauen. Bei der Frage der EU-Mitgliedschaft gehen die Meinungen hingegen weit auseinander. Von Wlazny ("Mir wird schlecht, wenn ich an einen Austritt denke") bis Grosz ("Volksabstimmung über Austritt") oder Brunner ("EU steht nur noch für Lobbyismus und Zentralismus") reicht die Palette. Wlazny bleibt auch der Einzige in der Runde, der an den EU-Sanktionen gegen Russland festhalten will.
Etwas abrupt endet die Diskussionsrunde und wird in kurze Zweier-Duelle mit bescheidenem Mehrwert überführt. "Ich sehe nicht einmal eine Hängebrücke zwischen Ihnen", beendet Moderatorin Reiterer etwa die Impfdiskussion zwischen Corona-Maßnahmenkritiker Michael Brunner (MFG) und Dominik Wlazny (Bierpartei), der als Mediziner auch selbst Impfungen durchgeführt hat. Zuerst würde aber mit dem Kanzler über "Schwachstellen in der Regierung" sprechen. Ähnlich Wallentin, der sich für eine Politikerhaftung ausspricht: "Man muss taugliche Leute als Regierungsmitglieder haben." Lust auf mehr macht die weitgehend höflich geführte Diskussionsrunde nur bedingt.