Den ersten Wahlgang am 24. April gewann Hofer, die Stichwahl am 22. Mai Van der Bellen. Der dann aufgehobene zweite Wahlgang brachte das bisher knappste Ergebnis der 13 Volkswahlen seit 1951: Van der Bellen wurde mit 50,35 Prozent Erster - mit nur 30.863 Stimmen mehr als Hofer. Auch die Umfragen für die Wiederholung lassen keinen Favoriten erkennen: Die beiden Kandidaten liegen abwechselnd mit geringerem Abstand vorne.
Läuft die Wiederholung so ab wie die vom VfGH aufgehobene Stichwahl, geben wieder die Briefwähler den Ausschlag. Ihre Stimmen werden erst am Montag ausgezählt - und es ist zu erwarten, dass Van der Bellen da wieder wesentlich besser abschneidet als Hofer. Liegt also der FPÖ-Kandidat im vorläufigen Endergebnis vom Wahlsonntag - bei den Urnenwählern - nur knapp vorne, kann er seinen Sieg noch nicht wirklich feiern.
Probleme über Probleme
Wer feiert, könnte sich diesmal später herausstellen als im Mai, wo das Endergebnis Montag vor 17.00 Uhr verkündet wurde. Denn der VfGH hat die Stichwahl u.a. wegen Rechtswidrigkeiten bei der Stichwahl aufgehoben. Deshalb hat das Innenministerium in seinem Leitfaden für die Wahlbehörden ganz genaue Vorgaben gemacht, wie auszuzählen ist: Nicht vor 9.00 Uhr, Vorsortierung ist nur zulässig, wenn die Wahlkarte nicht aufgeschnitten wird, Hilfskräfte dürfen nur unter Aufsicht mitarbeiten, das Ergebnis muss von der Bezirkswahlbehörde - deren Mitglieder ordnungsgemäß zu laden sind - festgestellt und niedergeschrieben werden.
Die Rechtswidrigkeiten beschäftigen auch die Justiz: Bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft laufen gegen mehr als 250 Wahlleiter und Beisitzer Ermittlungsverfahren. Es ist noch nicht klar, ob es zu einer Diversion, Anklage oder Einstellung kommt.
Bedeutung der Briefwahl
Da die Wahlkarten - konkret Probleme bei der Verklebung - auch noch eine Verschiebung des Wiederholungstermines von 2. Oktober auf 4. Dezember nötig machten, werden sie mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Das Innenministerium lässt jede behauptete Verfehlung prüfen - und notfalls Applikationen wie die Internet-Bestellmöglichkeit bei www.wahlkartenantrag.at (nach Bekanntwerden eines Datenlecks) stoppen.
Dies ist auch deshalb geboten, weil die 2007 eingeführte Briefwahl mittlerweile von fast einem Fünftel der Wähler genützt wird: Mehr als 16 Prozent der Stimmen wurden in der ersten Stichwahl damit abgegeben.
Die große Mehrheit der 6,399.572 Wahlberechtigten wird allerdings auch am 4. Dezember wieder ins Wahllokal gehen. In Wien und Innsbruck ist dafür bis 17.00 Uhr Zeit, die anderen Gemeinden nützen die im Gesetz geregelte maximale Wahlzeit nicht aus. Vorarlberg hat mit 13.00 Uhr wieder den frühesten Wahlschluss aller Bundesländer.
Keine Weitergabe von Teilergebnissen
Auch wenn die Vorarlberger Stimmen schon bald nach 15.00 Uhr fertig ausgezählt sein sollten, werden - anders als bisher - weder Hochrechner noch Medien das Ergebnis erfahren. Denn auch dies hat der VfGH festgestellt: Die Weitergabe von Teilergebnissen vor 17.00 Uhr durch das Innenministerium ist verboten.
Für die Medienkonsumenten ändert das wenig: Um 17.00 Uhr beginnt die Berichterstattung - und kurz nach 17.00 Uhr sollten schon erste Hochrechnungen vorliegen. Rund um 19.30 Uhr sollte das vorläufige Gesamtergebnis der Urnenwahl feststehen. Anders als bisher wird Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) dieses aber nicht verkünden. Er tritt erst mit dem Ergebnis inklusive Briefwahl vor die Kameras.
Anfechtungen
Wie man schon im Mai gesehen hat, steht aber auch dann noch nicht hundertprozentig fest, wer nächster Bundespräsident ist. Denn auch das Ergebnis der Wiederholungswahl kann beim VfGH angefochten werden - und zwar eine Woche lang nach der Verlautbarung des amtlichen Wahlergebnisses durch die Bundeswahlbehörde am 15. Dezember.
Ficht kein Kandidat die Wahl an, werden die Österreicher kurz vor Weihnachten - am 22. Dezember - ganz fix wissen, wer ihr nächstes Staatsoberhaupt ist. Auf die gewohnte Neujahrsansprache müssen sie dennoch verzichten: Denn angelobt wird Fischers Nachfolger erst am 26. Jänner. Bis dahin führen die drei Nationalratspräsidenten die Amtsgeschäfte.
Fest steht, dass der achte gewählte Bundespräsident der erste wird, den weder SPÖ noch ÖVP ins Rennen geschickt haben. Gewinnt der gelernte Flugzeugtechniker und jetzige Dritte Nationalratspräsident Hofer, wird er mit 45 Jahren das weitaus jüngste Staatsoberhaupt - und das dritte ohne akademischen Titel. Geht der Wirtschaftsprofessor und frühere Grünen-Chef Van der Bellen auch aus der zweiten Stichwahl als Sieger hervor, zieht der - je nach Betrachtung - zweit- oder drittälteste Präsident in die Hofburg ein. Mit dann 73 Jahren bei der Angelobung am 26. Jänner ist er zweiältester Bundespräsident zu Beginn der ersten Amtszeit: Nur Theodor Körner war mit 78 Jahren älter. Zu Beginn der zweiten Amtszeit war Adolf Schärf (73) um zwei Wochen älter als Van der Bellen es am 26. Jänner 2017 ist.