Herr Thür, das heutige Fernsehduell zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen auf ATV hat im Vergleich zum Mai einen Moderator, nämlich Sie. War das eine Entscheidung des Senders oder der Diskutanten, die ohne Gesprächsleiter nicht mehr gekommen wären?
MARTIN THÜR: Das war unsere Entscheidung. Wir haben schon vor dem ersten Duell gesagt, dass wir das nur einmal machen. Das Verhalten der Kandidaten bei der Diskussion im Mai war auch nicht so, dass man das den Sehern noch einmal zumuten möchte.
Wäre es nicht auch interessant gewesen, was die beiden aus dem unmoderierten Duell gelernt hätten, hätte es eine Neuauflage gegeben?
MARTIN THÜR: Wir sind ein Fernsehsender, kein medientheoretisches Labor. Das Konzept des unmoderierten Duells entstand als Antwort auf den sehr verspielten Wahlkampf im Frühjahr. Die Kandidaten mussten Eierspeis kochen und wurden auf ihre Fremdsprachenkenntnisse geprüft, wir wollten eine möglichst puristische Antwort. Die Kandidaten hatten ihre Chance, sie haben sie nicht genutzt.
Nach einem elfmonatigen Wahlkampf scheint alles gesagt und gefragt. Warum sollte das Fernsehpublikum am Sonntagabend ATV einschalten?
MARTIN THÜR: Das sehe ich nicht so, denn wir interviewen Politiker nicht nur vor einer Wahl, sondern auch danach, denn die Welt dreht sich ja weiter. Österreich und die EU stehen jetzt vor anderen Herausforderungen als noch im Mai, diese Debatte und Standpunkte darzustellen, ist mein Job.
Wird die heutige Sendung auf das Wesentliche reduziert sein – die politische Diskussion – oder sind Überraschungen geplant?
MARTIN THÜR: Wir haben keine Deko, kein Publikum, keine Spezialeffekte. Ein schwarzer Tisch, drei Sessel und viele Fragen. Das reicht.
Sie interviewen in Ihrer Sendung "Klartext" zwar regelmäßig Politikgrößen, ist die heutige Sendung dennoch ein Karrierehöhepunkt?
MARTIN THÜR: Sicher ist eine große Debatte vor einer Wahl moderieren zu dürfen eine große Ehre und ein Vertrauensbeweis meiner Chefs, also ja, das ist sicher ein Höhepunkt meiner bisherigen Arbeit bei ATV.
Wie geht es mit Ihrem Interviewformat "Klartext" weiter?
MARTIN THÜR: Sehr gut, wir haben eine aufregende Staffel fast abgeschlossen, das Interview mit dem Kanzler hat hohe Wellen geschlagen und über die Sendung mit den Rechtspopulisten Gauland und Blocher haben sogar FAZ und "Süddeutsche" berichtet. Wir haben uns selbst die Latte hoch gelegt für die nächste Staffel, die im kommenden Frühling startet.
Christoph Steiner