Die Wogen nach dem Äußerungen von Verfassungsrichter Johannes Schnizer zum VfGH-Urteil über die Wahlwiederholung und zum Vorgehen der FPÖ in Bezug auf die Wahlanfechtung gehen hoch. Einige Verfassungsrichter sollen bereits den Rücktritt Schnizers gefordert haben.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat bei einer Klubobleutekonferenz in Krems die Äußerungen Schnizers als "eines Verfassungsrichters nicht würdig" bezeichnet. Er verwies laut einer Aussendung auf die "Tathandlungen rot-schwarzer Bezirkswahlleiter, die de facto rechtswidrig und viel zu früh ausgezählt haben". Strache schloss sich der Rücktrittsforderung auf Twitter an:
Der mit der FPÖ im Clinch liegende Verfassungsrichter nimmt jedenfalls an der öffentlichen Verhandlung über die Tiroler Agrargemeinschaften am Donnerstag nicht teil. Wie der Verfassungsgerichtshof bestätigte, hat sich Schnizer für befangen erklärt, weil die FPÖ an der entsprechenden Beschwerde des Tiroler Landtages beteiligt war.
Rücktritt Schnizers?
Nicht kommentieren wollte der Sprecher des Gerichts einen Bericht der "Presse", wonach mehrere Mitglieder des Gerichtshofes auf Schnizers Rücktritt drängen. "Wir wollen uns als Gerichtshof nicht an Spekulationen beteiligen", so Präsidialdirektor Dieter Kandlhofer, der vorübergehend als Sprecher des Höchstgerichts agiert.
Schnizer hat die Kritik der FPÖ auf sich gezogen, weil er der Partei in Interviews vorgeworfen hatte, die Wahlanfechtung bereits vor der Bundespräsidenten-Stichwahl vorbereitet zu haben. Belege dafür legte Schnizer nicht vor und begründete seinen Verdacht mit der überaus ausführlichen Anfechtungsschrift. Die Partei und ihr Anwalt Dieter Böhmdorfer wiesen den Vorwurf zurück.
Verfassungsrichter können sowohl zurücktreten als auch abberufen werden - letzteres kann aber nur der Gerichtshof selbst mit Zweidrittelmehrheit beschließen. Möglich wäre ein solches Disziplinarverfahren, wenn sich ein Mitglied "der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt hat". Vorgekommen ist die Abberufung noch nie, Verfahren gab es aber bereits.
Über den Anlassfall Johannes Schnizer hinaus schalteten sich neben FPÖ nun auch Grüne, Neos und Team Stronach ein in die Debatte über die Verfassungsrichter.
Die Verfassungssprecher der Oppositionsparteien fordern einen geänderten Bestellungsmodus: Die Mehrheit der VfGH-Mitglieder solle vom Parlament bestellen werden. Derzeit hat der Nationalrat für sechs der insgesamt 14 Richterposten das Vorschlagsrecht.
Nominierung durch Oppositionsparteien
Die Opposition möchte künftig das Parlament stärker eingebunden sehen. Albert Steinhauser von den Grünen hielte das für "sinnvoll: Das Parlament ist repräsentativ gewählt. Dort ist ein transparenter Bestellungsmodus möglich." Harald Stefan (FPÖ) fände das ebenfalls "sinnvoll", könnte sich zudem aber eine Zweidrittelmehrheit im Plenum als Voraussetzung vorstellen. NEOS-Verfassungsprecher Niki Scherak wünscht sich ebenfalls "mehr Fokus aufs Parlament". Und Robert Lugar (Team Stronach) würde gerne auch ein Minderheitenrecht sehen, also auch Nominierungen der Oppositionsparteien ermöglichen.
Nächste Bestellungen 2017
Die nächsten Bestellungen stehen schon kommendes Jahr an. Denn für das Amt als Verfassungsrichter gilt eine Altersgrenze von 70 Jahren. Diese erreichen 2017 drei Mitglieder - darunter auch Präsident Gerhart Holzinger.
In der Verhandlung am Donnerstag wird Schnizer von Ersatzmitglied Angela Julcher vertreten. Sie arbeitet regulär am Verwaltungsgerichtshof.
FP will nicht klagen
Die FPÖ hat am Donnerstag betont, den Verfassungsrichter nicht klagen zu wollen. Die FPÖ habe "im Interesse der größtmöglichen Wahrung des Ansehens des Verfassungsgerichtshofes kein Interesse an einem Rechtsstreit vor Gericht", so Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Er fordert Schnizer allerdings auf, seine "unwahren Behauptungen" zurückzunehmen.
Die Forderung, seine Behauptungen im Zusammenhang mit der Anfechtung der Bundespräsidentenwahl zurückzunehmen, wurde Schnizer nach Angaben der FPÖ am Donnerstag über ihren Medienanwalt Michael Rami zugestellt. Von einer Klage sei zum jetzigen Zeitpunkt keine Rede, so Kickl. Er hoffe, dass Schnizer seinen nächsten Schritt so setze, "dass sowohl die Unwahrheiten über die FPÖ zurückgezogen werden und als auch zugleich dem Ansehen des es VfGH kein weiterer Schaden zugefügt wird".