"El Pais" (Madrid):
"Neuer Schlag für das internationale Ansehen Österreichs. Die Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Mai waren wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenauszählung annulliert worden. Jetzt nötigt ein technischer Fehler die Regierung einen Urnengang auf 4. Dezember zu verschieben, der außerhalb des Landes eine unüblich hohe Aufmerksamkeit erregt hatte. Einmal wegen des höchst knappen Resultats, vor allem aber wegen der Möglichkeit, dass ein Rechtsextremer erstmals in der modernen Geschichte Österreichs die Staatsspitze erklimmen könnte. Die kafkaeske Situation, in der sich das Land befindet, erlaubt es dem ultrarechten Hofer zu insinuieren, dass hinter der Verschiebung politische Motive stecken."
"Bild" (Berlin):
"Verlierer des Tages: Wolfgang Sobotka, Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (60, ÖVP), musste gestern verkünden, dass die Pannenserie bei der Bundespräsidentenwahl weitergeht. Weil sich viele Briefwahl-Umschläge nicht richtig verkleben lassen, wird die Wiederholung der Stichwahl auf den 4. Dezember verschoben. Zusatzkosten: zwei Mio Euro.
BILD meint: Scheibenkleister!"
"La Repubblica" (Rom):
"Die Seifenoper der österreichischen Präsidentschaftswahl wird um ein Kapitel reicher. Jetzt wird man weitere zweieinhalb Monate warten müssen, um zu begreifen, ob die populistische Rechte eine weitere Fahne im Herzen Europas hissen wird."
"Süddeutsche Zeitung" (München):
"Loriot hätte seine Freude an dieser Pressekonferenz gehabt. Sobotka referiert über die 'technische Situation des Klebers' oder über dessen 'technisches Gebrechen'. Herrlich komische Formulierungen wären das, wenn es nur nicht so peinlich wäre. Die Republik hat seit Monaten kein reguläres Staatsoberhaupt mehr."
"Neue Zürcher Zeitung":
"Die Unfähigkeit der Behörden untergräbt in rasendem Tempo das Vertrauen in die Demokratie. Dieses war bereits angekratzt durch die Klüngelei der Großparteien, Wachstumsschwäche und politischen Stillstand. Dass der Rechtspopulist Norbert Hofer von der FPÖ fast die Hälfte der Stimmen erhielt, hätte als Warnschuss eigentlich genügen müssen. Auch der versprochene Neuanfang unter Kanzler Kern ist abrupt zum Stillstand gekommen.
In diesem Klima gedeihen Zynismus und Verschwörungstheorien. Hofer und sein Parteichef Strache versuchten postwendend, die Klebstoff-Affäre als Inszenierung darzustellen, die darauf abziele, Hofers unvermeidliche Präsidentschaft zu verzögern. Mit solchen Andeutungen spielen sie mit dem Feuer. Sie machen sich aber auch unglaubwürdig, nehmen die meisten Österreicher Pleiten, Pech und Pannen um die Wahl doch längst nur noch mit Schulterzucken zur Kenntnis. Was der Demokratie mehr schadet, ist angesichts dieser Ausgangslage eine offene Frage."
"Sole 24 Ore" (Mailand):
"Nicht einmal Franz Kafka hätte Besseres erfinden können, doch man weiß, dass die Realität der aktuellen europäischen Politik nach dem Brexit die wildeste Fantasie übertrifft. Zwei Millionen Euro kostet die Verschiebung der Präsidentschaftswahl, Geld, das man in diesen Zeiten für die Bewältigung anderer Notstände besser hätte ausgeben können (...) Kaiser Franz Joseph wird sich in der Gruft umdrehen, während viele Kommentatoren eine Verzögerungsstrategien wittern, um den beiden in Wien regierenden Parteien eine Wahlblamage zu ersparen."
"Il Giornale" (Mailand):
"Operettenwahlen in Österreich: Ein neues Kapitel in der endlosen Saga der österreichischen Präsidentschaftswahlen. Die Wahlkampagne, die in die Endphase gelangt war, muss jetzt wieder aufs Neue beginnen (...). Hofer scheint von der internationalen Politik-Konjunktur und von den fundamentalistischen Anschlägen zu profitieren. Der Mann der extremen Rechten hat bei seiner Kampagne auf mehr Sicherheit und weniger Einwanderung gesetzt, während das Thema der Schließung der österreichischen Grenzen weiterhin aktuell bleibt. Nicht einmal die Wahlverzögerung scheint ihm zu schaden. Hofer studiert bereits seine Rolle als Präsident."
"The Guardian" (London):
"Die (Wahl-)Verschiebung ist äußerst peinlich für Österreich und die Regierung von Kanzler Christian Kern. Österreich ist seit 8. Juli, als Heinz Fischer abtrat, ohne Präsident."
"Le Monde" (Paris):
"Der Innenminister hat keinen Versuch unternommen, seine absolute Hilflosigkeit angesichts dieses für die Europäische Union beispiellosen Chaos zu verstecken. (...) Die Ereignisse bringen Österreich in eine besorgniserregende und nie da gewesene Lage, und das angesichts der Bedrohung, dass erstmals seit 1945 in Europa ein Präsident der extremen Rechten gewählt werden könne. (...) Der österreichische Präsident, wer immer es wird, wird schlecht gewählt worden sein, unter unglaublichen Bedingungen. Die demokratische Legitimität eines Landes wird geschwächt, dass einst eines der stabilsten des Kontinents war und nun polarisiert ist zwischen einem konservativ-nationalistischen Lager und dem der Sozialliberalen."