Auf dem Nato-Gipfel am Dienstag und Mittwoch in der litauischen Hauptstadt Vilnius geht es vor allem darum, welches Signal die 31 Mitgliedstaaten der Ukraine für eine weitere Annäherung an die transatlantische Allianz geben. Grundsätzlich einig sind sich alle, dass das vom russischen Angriffskrieg geschundene Land dem westlichen Militärbündnis beitreten soll. Allerdings ist ausgeschlossen, dass dies in Kriegszeiten geschieht.
Osteuropäische Länder unterstützen Beitrittsbemühungen
Die osteuropäischen Nato-Länder fordern jetzt aber einen konkreten Zeitplan für eine Aufnahme. Staaten wie Deutschland und die USA sind zurückhaltender und betonen, dass einem Land im Krieg auch kein Automatismus gewährt werden könne.
Eine zentrale offene Frage ist, was passiert, wenn der Krieg irgendwann einmal beendet ist? Soll die Nato der Ukraine in Vilnius bereits garantieren, dass das Land nach Kriegsende unmittelbar aufgenommen wird? Kaum vorstellbar, dass die USA, aber auch Deutschland diesen Weg mitgehen würden. Oder soll der Gipfel eher eine weiche Formulierung wählen, etwa dass die Ukraine in die Nato aufgenommen werde, sobald dies die Sicherheitslage zulasse?
Artikel fünf als Spannungsfeld
Damit wiederum dürften die osteuropäischen Staaten, allen voran die baltischen Republiken, nicht einverstanden sein. Und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dürfte enttäuscht über ein solches Ergebnis sein. Ohnehin stellen sich bei einer solchen Formulierung Fragen: Was passiert zwischen einem Ende des Krieges jedweder Art mit der Ukraine bis zur Aufnahme in die Nato? Generell haben etwa die USA und auch Deutschland der Ukraine Sicherheitsgarantien zugesagt, um zu verhindern, dass Russland sich in einer kriegsfreien Zeit erholt und dann erneut mit militärischer Macht gegen den Nachbarn losschlägt.
Was solche Sicherheitsgarantien allerdings genau sein könnten, dazu hüllen sich die Verantwortlichen, einschließlich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, bisher in Schweigen. Klar ist aber, dass es hier keine Beistandspflicht wie in Artikel fünf des Nato-Vertrages geben wird. Was aber einzelne Mitgliedstaaten außerhalb der Allianz zu leisten bereit sind, ist noch völlig offen. Parallel dazu stellt sich die Frage, ob sich die Ukraine einem regulären Beitrittsprozess aussetzen muss, also einschließlich eines sogenannten individuellen Membership Action Plan (MAP), mit dem das Land schrittweise an die Standards des Bündnisses herangeführt wird.
In Vilnius könnte auch diese Frage für Streit sorgen. Denn die osteuropäischen Nato-Staaten wollen der Ukraine diesen Prozess ersparen und werben für einen beschleunigten Beitritt. Das andere Lager um Deutschland und die USA ist auch hier vorsichtiger. Kanzler Scholz und auch Außenministerin Annalena Baerbock haben mehrfach betont, dass es keinen "fast track" in die Nato geben könne, selbst nicht für die Ukraine.