Karlspreis in Aachen

Am Sonntagnachmittag sollen Selenskyj und das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas geehrt werden. Scholz wird die Laudatio halten. Als weitere Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dabei. Es wurde erwartet, dass Scholz und Selenskyj gemeinsam von Berlin nach Aachen fliegen.

Kommentar von Peter Riesbeck (Berlin)

Steinmeier hatte Selenskyj Ende Oktober in der ukrainischen Hauptstadt Kiew besucht. Das Verhältnis zwischen den beiden war zunächst nicht einfach - der Besuch des deutschen Staatsoberhaupts in der Ukraine hatte erst im dritten Anlauf funktioniert. Kurz zuvor musste damals ein Besuchstermin aus Sicherheitsgründen kurzfristig verschoben werden. Im April 2022 hatte Steinmeier eine gemeinsame Reise mit den Staatspräsidenten aus Polen, Lettland, Litauen und Estland in letzter Minute absagen müssen. Kiew hatte Steinmeier damals signalisiert, dass er nicht willkommen sei.

Anfängliche Kritik an Steinmeier

Dem früheren SPD-Außenminister Steinmeier wurde in der Ukraine eine russlandfreundliche Politik angekreidet. Er habe osteuropäische Warnungen vor einer Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen überhört. Die Ausladung wurde in Berlin als Affront gewertet. Erst ein Telefongespräch der Präsidenten Anfang Mai 2022 entspannte die Lage wieder.

Erst am Samstag hatte die deutsche Regierung ein neues milliardenschweres Waffenpaket für die Ukraine angekündigt. Das Land werde Militärhilfe im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro erhalten, teilte das deutsche Verteidigungsministerium mit. Geliefert würden unter anderem 30 Leopard-1-Panzer, 20 Marder-Schützenpanzer, über 200 Aufklärungsdrohnen, vier Iris-T-Flugabwehrsysteme sowie Munition und mehr als 100 gepanzerte Fahrzeuge.

Deutliche Differenzen zwischen Papst und Selenskyj

In Rom hatte Selenskyj am Samstag Staatspräsident Sergio Mattarella, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sowie Papst Franziskus getroffen. Während Meloni ihre Unterstützung für die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland bekräftigte, traten beim Treffen Selenskyjs mit Franziskus deutliche Differenzen zutage. So erteilte der ukrainische Präsident möglichen Vermittlungsbemühungen des Vatikan eine Absage und forderte stattdessen, dass sich dieser dem Zehn-Punkte-Friedensplan Kiews anschließe.

Am Sonntagnachmittag findet in Aachen die Verleihung des Karlspreises für europäische Verdienste statt, der Selenskyj und dem ukrainischen Volk schon im Dezember zugesprochen worden war. Der Karlspreis ist nicht dotiert. In der Begründung für die Zuerkennung des Preises wurde die Rolle Selenskyjs bei der Abwehr des russischen Angriffs hervorgehoben: Er sei nicht nur der Präsident seines Volkes und der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee. Er sei "auch der Motivator, Kommunikator, der Motor und die Klammer zwischen der Ukraine und der großen Phalanx der Unterstützer". Voriges Jahr hatten die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und zwei Mitstreiterinnen den Karlspreis bekommen. Zu den früheren Preisträgern zählen die deutsche Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Papst Franziskus und der frühere österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) gehören zu den bisherigen Preisträgern.