Chinas Staatschef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben zu baldigen Friedensgesprächen für die Ukraine aufgerufen. Ziel sei eine "Wiederaufnahme der Gespräche, so schnell wie möglich, für einen dauerhaften Frieden", sagte Macron nach einem bilateralen Treffen am Donnerstag in Peking. Der Kreml schloss eine Vermittlung durch China jedoch derzeit aus. "Bisher gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
"Komplexe Situation"
Die Situation mit der Ukraine sei "komplex", sagte Peskow am Donnerstag. Derzeit sieht Moskau dem Kreml-Sprecher zufolge "keine anderen Möglichkeiten als die Fortsetzung der Spezialoperation" - ein Euphemismus des Kreml für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Macron hofft auf chinesischen Druck auf Russland zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine. "Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, wenn es darum geht, Russland zur Vernunft zu bringen und alle an den Verhandlungstisch zurückzuholen", sagte Macron zu Xi. Die russische Aggression in der Ukraine habe der Stabilität in der Welt einen Schlag versetzt.
Xi betonte bei einem gemeinsamen Pressetermin seinerseits, dass Atomwaffen "nicht eingesetzt werden können". Er verurteilte "Angriffe auf Zivilisten". Fragen von Journalisten waren bei dem Termin nicht vorgesehen. Die beiden Präsidenten hätten ein "offenes und konstruktives Gespräch" miteinander geführt, das etwa eineinhalb Stunden gedauert habe, teilte der Elysée mit.
Xi Jinping erinnerte nach dem Treffen mit Macron an Zusagen, keine Atomwaffen einzusetzen. Unter allen Umständen müssten der Einsatz von biologischen und chemischen Waffen sowie Angriffe auf zivile nukleare Einrichtungen wie Atomkraftwerke abgelehnt werden. In seiner Erklärung wiederholte der Staats- und Parteichef weitgehend ein chinesisches Positionspapier. Er bekräftigte, dass "legitime Sicherheitsinteressen aller Parteien" berücksichtigt werden müssten, womit sich Peking eher hinter die russische Argumentation stellt.
Auch forderte Xi Jinping den Aufbau eines "ausgewogenen europäischen Sicherheitsrahmens", was gemeinhin als Kritik an den USA und der Ausweitung der NATO verstanden wird. Wie in dem Zwölf-Punkte-Papier im Februar vermied Xi Jinping erneut eine Verurteilung der russischen Aggression. Auch ließ er nicht erkennen, ob China seinen Einfluss auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin nutzen würde.
Nach dem bilateralen Treffen stand eine Dreier-Runde mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bevor. Schon bei einem vorangegangenen Gespräch mit dem neuen chinesischen Regierungschef Li Qiang hatte Macron über den Ukraine-Konflikt gesprochen. Außerdem ging es um den Zugang französischer Unternehmen zum chinesischen Markt, insbesondere bei der Luftfahrt, im Bereich Lebensmittel und im Finanzsektor, wie der Élyséepalast mitteilte.
Bei einer Begegnung mit Parlamentspräsident Zhao Leji betonte Macron auch, welchen Einfluss der Ukraine-Krieg auf die Sicherheit und das globale strategische Gleichgewicht habe. Außerdem sei es wichtig, dass China internationale Abkommen rasch ratifiziere - etwa eines zur Biodiversität in der Hochsee, die UNO-Konvention zur juristischen Immunität von Staaten und ihren Gütern sowie die UNO-Konvention zu Bürgerrechten und politischen Rechten, teilte der Élyséepalast mit.
Von der Leyen traf in Peking mit dem neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang zusammen. Zu Beginn des Gesprächs am Donnerstag wies sie darauf hin, dass China und die EU stark von ihrer gewachsenen Kooperation profitiert hätten, doch seien die Beziehungen in den vergangenen Jahren "komplexer" geworden. Es sei deswegen wichtig, alle Aspekte zu diskutieren, was der EU und China helfen werde, "durch ein schwieriges und unberechenbares Umfeld zu steuern".
China sei von "großer Bedeutung für Europa". Es gebe gegenseitige Abhängigkeiten und eine lange gemeinsame Geschichte. In einer persönlichen Note erinnerte von der Leyen an ihren Vater Ernst Albrecht, der als Ministerpräsident von Niedersachsen Mitte und Ende der 80er Jahre schon China bereist hatte. Er habe damals aus Anhui das erste Kooperationsabkommen zwischen einer chinesischen Provinz und einem Bundesland mitgebracht. Es sei einer der Impulse für die weitreichenden Beziehungen gewesen, die aufgebaut worden seien.
Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr gibt China Präsident Putin politisch Rückendeckung. Der Schulterschluss spiegelt die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Die USA und die NATO werden als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi Jinping vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Auch sind die Beziehungen zwischen Europa und China deswegen auf einen Tiefpunkt gefallen. Zusätzlich gibt es Differenzen über eine Schieflage in den Handelsbeziehungen, Menschenrechtsverletzungen in China, Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer, Chinas Drohungen gegen das demokratische Taiwan und sein aggressiveres Auftreten. Vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen mit der Abhängigkeit von Russland wachsen die Sorgen über die Gefahren in der wirtschaftlichen Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft. Macron sprach sich gegen eine Abkopplung von China aus.
Atomtechnik und Flugzeugbau
Es gab chinesisch-französische Vertragsabschlüsse in sensiblen Technologiebereichen wie der Atomtechnik und dem Flugzeugbau. Der staatliche französische Energieversorger EDF und der chinesische Energieversorger CGN, beides große Betreiber von Kernkraftwerken, erneuerten ihre langjährige Partnerschaft. Außerdem wurden Verträge zwischen EDF und China Energy Investment Corporation für Offshore-Windkraftanlagen geschlossen.
Airbus-Chef Guillaume Faury unterzeichnete am Donnerstag am Rande des Besuchs eine Vereinbarung über eine zweite Montagelinie in China. Damit verdoppeln sich die Produktionskapazitäten des Flugzeugbauers Airbus in der Volksrepublik. Zudem erhielt Airbus grünes Licht für die bereits vorher vereinbarte Lieferung von 160 Flugzeugen nach China, teilte das französische Präsidialamt mitteilte.