Die durch Kritik am Ukraine-Krieg bekannt gewordene russische TV-Journalistin Marina Owsjannikowa bezeichnet ihre ehemaligen Kollegen als Geisel des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie wolle öffentlich gegen Putins Regime sprechen. Frühere Journalistenkollegen folgten ihr in den sozialen Netzwerken. "Viele haben resigniert, da sie wissen: Wenn sie protestieren, wird er ihr Leben zerstören. Sie sind Putins Geiseln", sagte sie der "Wiener Zeitung" (Freitag-Ausgabe).
Friedensverhandlungen mit Putin, wie etwa von der deutschen Abgeordneten Sahra Wagenknecht gefordert, sieht die Journalistin kritisch. "Sahra Wagenknecht ist Putins liebste Propagandistin. Schon bei der Annexion der Krim zeigte das russische Fernsehen Leute wie sie oder den ungarischen Premierminister Viktor Orbán gerne: Seht her, europäische Politiker unterstützen Putins Politik", sagte Owsjannikowa.
"Unterstützer dort, wo es anti-amerikanische Stimmung gibt"
"Die Rufe nach Verhandlungen sind unfassbar. Soll man mit einem Kriegsverbrecher und Mörder sprechen?" Putin müsse von westlichen Politikern isoliert werden. Leider habe er immer noch Unterstützer in Europa und im Nahen Osten, wo es anti-amerikanische Stimmungen gebe, sagte sie.
Das Bild der Russin war im März des vergangenen Jahres um die Welt gegangen. Mitten in den Nachrichten des russischen Staatsfernsehens protestierte die bis dahin als linientreu geltende Mitarbeiterin des Ersten Kanals im Studio mit dem Schild "No War!". Kurz vor Beginn eines Prozesses im Oktober gelang Owsjannikowa mit ihrer Tochter und mithilfe der Organisation "Reporter ohne Grenzen" die Flucht aus Russland.
"Krieg endet, wenn Putin stirbt"
"Dieser Krieg wird an dem Tag enden, an dem Putin stirbt. Es ist der Krieg eines einzigen Mannes", erklärte Owsjannikowa weiter. "Sein Regime muss zerstört werden, er ist ein Kriegsverbrecher, der vor den Internationalen Strafgerichtshof gehört." Putin habe die Zukunft seines Landes vernichtet.
Frieden sei mit Putin "unmöglich", meinte Owsjannikowa. "Wenn man eine Vereinbarung machen würde nach dem Vorbild der Minsker Verträge, wäre es nur eine Pause für ihn. Er würde die Truppen neu aufbauen und wieder angreifen – auch Moldau, Polen, Lettland und andere. Putin will die Sowjetunion wiederherstellen."