Die USA werfen Russland Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine vor und wollen die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft ziehen. "Wir haben die Beweise geprüft, wir kennen die gesetzlichen Normen, und es besteht kein Zweifel: Das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte US-Vizepräsidentin Kamala Harris am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Harris warf den russischen Streitkräften "weitreichende und systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung" vor. Konkret beschuldigte sie die Truppen des Mordes, der Folter, Vergewaltigung und Deportation. Hunderttausende Menschen seien gewaltsam nach Russland verschleppt worden, darunter Kinder. "Sie haben Kinder grausam von ihren Familien getrennt", sagte Harris.

"Sie werden zur Rechenschaft gezogen"

Den Verantwortlichen drohte die US-Vizepräsidentin mit Konsequenzen: "Ich sage allen, die diese Verbrechen begangen haben, und ihren Vorgesetzten, die an diesen Verbrechen mitschuldig sind: Sie werden zur Rechenschaft gezogen." Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind schwere Verstöße gegen das internationale Völkerrecht. Sie sind durch systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung gekennzeichnet. Zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zählen zum Beispiel Mord, Versklavung und Deportation.

In ihrer Rede warnte Harris auch China davor, Russland militärisch zu helfen. Alle Schritte Chinas in diese Richtung würden "Aggression belohnen, das Töten fortsetzen und eine regelbasierte Ordnung weiter untergraben."

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuvor vor einer zu großen Abhängigkeit europäischer Länder von autoritären Staaten gewarnt. "Wir sollten nicht den gleichen Fehler mit China machen", so Stoltenberg am Samstag in München. "Was heute in Europa passiert, könnte morgen in Ostasien passieren." Der Westen sollte sich laut Stoltenberg nicht zu abhängig von importierten Produkten und Rohstoffen machen, den Export wichtiger Technologien vermeiden und "unsere kritische Infrastruktur zu Hause schützen". Zwar sollten der Handel und das wirtschaftliche Engagement in China nicht aufhören, "aber unsere wirtschaftlichen Interessen können nicht unsere Sicherheitsinteressen überwiegen". Peking schaue sich genau an, "welchen Preis" Russland für die Invasion der Ukraine zahlen werde. Der Westen müsse der Ukraine geben, "was sie braucht, um zu gewinnen und als souveräne, unabhängige Nation weiter zu bestehen".

Unterdessen kündigte der chinesische Top-Diplomat Wang Yi einen Vorschlag Pekings für Friedensgespräche im Ukraine-Krieg an: "Wir werden etwas vorlegen", sagte Wang auf der Sicherheitskonferenz. Chinas sei für eine friedliche Lösung des Konflikts, fügt er hinzu, ohne Details zu nennen.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schloss in Folge der Ankündigung eines chinesischen Friedensplans jegliche Gebietsverluste für sein Land aus. Es sei auch im Interesse der Ukraine, dass China eine Rolle bei der Suche nach Frieden spiele, die territoriale Integrität der Ukraine sei aber nicht verhandelbar, sagte Kuleba.

Militärische Unterstützung intensivieren

Der britische Premierminister Rishi Sunak kündigte in seiner Rede am Samstag an, die "militärische Unterstützung zu intensivieren": "Gemeinsam müssen wir der Ukraine helfen, ihre Städte vor russischen Bomben und iranischen Drohnen zu schützen. Und deshalb wird Großbritannien das erste Land sein, das der Ukraine Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellt", so Sunak. Details dazu nannte er nicht.

Zur Sicherheitskonferenz sind Politikerinnen, Politiker, Expertinnen und Experten aus rund 100 Ländern eingeladen. Aus Österreich nehmen Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler teil. Die russische Führung ist erstmals seit mehr als 20 Jahren nicht eingeladen. Dafür werden aber am späten Samstagabend der russische Kremlgegner Michail Chodorkowski und der frühere Schachweltmeister Garry Kasparow auf dem Podium sitzen. Auch die iranische Führung und Politiker der AfD haben anders als in den Vorjahren keine Einladung erhalten.