Was für einen Unterschied können 14 Panzer in der Ukraine machen?
JÖRG LOIDOLT: Eine Panzerkompanie – also 14 Panzer – kann zum Beispiel einen mechanisierten Verband verstärken. Diese könnte man im urbanen Umfeld ebenso einsetzen wie in der Verzögerung und je nach Geländebeschaffenheit in der Verteidigung. Eine Kompanie wird jetzt nicht extrem viel ausrichten oder die neue Angriffsspitze bilden, sondern eher dem Kennenlernen des Systems dienen. Über diese Kompanie kann ich laufend Personal ausbilden, um weitere vermutlich gelieferte Panzer bemannen zu können. Die deutsche Panzerlieferung legitimiert, so wie ich das sehe, auch ähnliche Vorhaben anderer Länder.
Wir sprechen konkret vom Panzer-Typ Leopard 2 A6, wie unterscheidet sich dieser von anderen Typen?
LOIDOLT: Man darf sich das nicht wie bei Autos vorstellen, wo der Vierer-Golf ein ganz anderes Auto ist als der Zweier-Golf. Vielmehr werden bestehende Modelle Upgrades unterzogen. Die in Deutschland eingesetzten Leopard 2 A6 sind zum Beispiel alle als A4 auf die Welt gekommen und es wurden praktisch nur einzelne Teile ausgetauscht. Ein Beispiel: Die ersten A4 hatten beim Ladeschützen eine Klappe, um die Munition hineinzureichen, man hat entdeckt, dass das eine ballistische Schwachstelle ist und diese Stelle zugeschweißt. Bei den A6 sieht man jetzt noch diese Schweißnaht auf der Turmseite. Das einzige Land, das derzeit über wirklich neue Leopard-Panzer verfügt – das Modell 2 A7 – ist Katar. Ungarn wird heuer auch welche bekommen und ist damit das erste Land in Europa, dass über neu gebaute A7 verfügt. Der Hersteller KMW hat sich weniger auf den Panzerneubau konzentriert, als darauf, den bestehenden Kampfwert zu steigern und die Nutzungsdauer zu verlängern. Österreich hat den A4, dessen Zukunft wird gerade beurteilt.
Die USA liefern Abrams-Panzer, die mit Gasturbinen betrieben werden, die sehr treibstoffintensiv sind, was ist ihr Vorteil am Schlachtfeld?
LOIDOLT: Das ist einfach eine andere Antriebsart, vergleichbar mit Benzinern und Diesel bei Autos. Er ist etwas stärker, aber auch schwerer. Und der Antrieb ist sehr staubanfällig und auch logistisch problematischer als der Motor des Leopard. Er ist schwerer als der Leopard und benötigt statt metrischem Werkzeug eigenes zölliges. Ein Vorteil ist, dass der zentrale Baustein, die Kanone, bei Abrams und Leopard baugleich ist – sie passen munitionslogistisch zusammen.
Vor zwei Wochen hat Großbritannien die Lieferung von Challenger-2-Kampfpanzern angekündigt. Wie passt dieses Modell dazu?
LOIDOLT: Der passt nicht wirklich dazu, weil er nicht wie Leopard und Abrams eine Glattrohrkanone sondern ein gezogenes Rohr hat und daher eigene Munition benötigt. Weil die Briten immer sehr auf Panzerschutz bedacht waren, ist er schwerer als die anderen beiden. Es gibt ihn auch nur in sehr kleiner Stückzahl. Technisch wäre der Challenger für die Ukraine wieder ein ganz anderes Modell.
Es war zu lesen, dass der Leopard Probleme im Morast bereiten könnte, wenn die frostigen Böden im Frühjahr tauen.
LOIDOLT: Die Schlammphase im Frühling ist für alle Kettenfahrzeuge ein Problem. Hier muss man bei der Ausbildung ansetzen, man darf nicht in die größten Löcher hineinfahren. Eine gut ausgebildete Crew weiß, was geht und was nicht geht. Sollten sie nämlich stecken bleiben, können sie mit den weitaus schwereren westlichen Kampfpanzern von den ukrainischen Bergepanzern nicht geborgen werden.