Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz sagte der Regierung in Kiew am Mittwoch 14 Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen zu, US-Präsident Joe Biden kündigte die Lieferung von 31 M1 Abrams an.
Scholz zog aber auch rote Linien für die weitere militärische Unterstützung der Ukraine: Eine Lieferung von Kampfflugzeugen oder die Entsendung von Bodentruppen schloss er aus. Er werde weiter darauf achten, dass Deutschland und die NATO nicht in den Krieg hineingezogen würden, versprach er im Bundestag. "Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie der Bundesregierung", sagte er.
Seit Monaten fordert die Ukraine die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart, die erste offizielle Anfrage erfolgte schon eine Woche nach Kriegsbeginn Anfang März vergangenen Jahres. Mit den neuen Waffensystemen hofft die Regierung in Kiew, an der Front in der Ostukraine wieder in die Offensive zu kommen und weiteres Gelände von Russland zurückerobern zu können.
Drei unterschiedliche Kampfpanzer westlicher Bauart sollen dabei helfen:
- Der deutsche Leopard 2: Deutschland stellt 14 Exemplare des Leopard 2A6 bereit, Polen ebenfalls 14 des etwas älteren 2A4. Zusammen mit Verbündeten sollen es insgesamt etwa 90 Leopard-Panzer werden.
- Der US-Panzer M1 Abrams: Die USA wollen 31 Stück liefern, die von der Industrie kommen sollen. Deswegen kann es Monate dauern, bis sie im Kriegsgebiet ankommen. Die Lieferung werde "einige Zeit in Anspruch nehmen", sagte US-Präsident Joe Biden. "Die Abrams-Panzer sind die leistungsfähigsten Panzer der Welt, aber sie sind auch extrem komplex in Betrieb und Wartung", sagte Biden am Mittwoch.
- Der britische Challenger 2: Die Briten hatten schon vor einigen Tagen als erstes Land ihren Kampfpanzer zugesagt. Sie wollen wie Deutschland 14 Exemplare liefern.
Die Leopard-Panzer aus Bundeswehrbeständen könnten nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in etwa drei Monaten in der Ukraine sein. Zu dem Unterstützungspaket zählen auch Ausbildung, Logistik und Munition. Deutschland will bereits in wenigen Tagen mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten am Leopard beginnen.
Scholz sagte, Deutschland handle bei der militärischen Unterstützung der Ukraine nach dem Prinzip, das Notwendige möglich zu machen und gleichzeitig eine Eskalation zu einer Auseinandersetzung zwischen der NATO und Russland zu vermeiden. "Dieses Prinzip werden wir auch weiter beachten." Bei Bürgern, die sich wegen der Entscheidung Sorgen machen, warb er um Vertrauen: "Wir werden weiter, weil wir international abgestimmt handeln, sicherstellen, dass diese Unterstützung möglich ist, ohne dass die Risiken für unser Land darüber in eine falsche Richtung wachsen."
Zu Forderungen aus der Ukraine, nun auch Kampfflugzeuge zu schicken, sagte er: "Dass es nicht um Kampfflugzeuge geht, habe ich ja sehr früh klargestellt und mache das auch hier." Er fügte hinzu: "Bodentruppen werden wir in keinem Fall schicken."
Deutschland nimmt als Produktionsland bei der Lieferung von Leopard-Panzern eine Schlüsselrolle ein. Wollen andere Staaten diese weitergeben, muss die Bundesregierung das genehmigen. Ganz konkret unter Zugzwang stand Scholz seit Dienstag wegen eines offiziellen Exportantrags der polnischen Regierung, dem nun auch stattgegeben wurde.
Pistorius: "Historisch"
Pistorius nannte die Entscheidung am Mittwoch "historisch", weil diese abgestimmt passiere, in einer "höchst brisanten Lage in der Ukraine". Er sagte aber auch: "Das ist kein Grund zum Jubeln", er habe großes Verständnis für diejenigen, die sich Sorgen machten. "Aber klar ist, Kriegspartei werden wir nicht, dafür werden wir sorgen."
Die USA betonten, dass es sich um koordinierte Entscheidung zusammen mit Deutschland handelt. Die Ankündigung der Lieferung am selben Tag wie jene aus Berlin demonstriere, dass "die Vereinigten Staaten und Europa weiter geschlossen zusammenarbeiten, um die Ukraine zu unterstützen", sagte eine ranghohe US-Vertreterin. Washington wisse Deutschlands Zusage der Leopard-Panzer für Kiew sehr zu schätzen. US-Präsident Biden dankte Scholz für dessen "Führungsstärke" und "sein unerschütterliches Engagement" bei der Unterstützung der Ukraine. Deutschland habe sich wirklich starkgemacht, der Bundeskanzler sei eine starke Stimme für die Einheit und ein enger Freund, sagte Biden in Washington.
Die russische Botschaft in Berlin nannte die deutsche Entscheidung "äußerst gefährlich". Sie hebe den Konflikt auf ein neues Level der Konfrontation, wurde Botschafter Sergej Netschajew in einer Pressemitteilung zitiert. Die Entscheidung widerspreche den Ankündigungen deutscher Politiker, sich nicht in den Konflikt hineinziehen lassen zu wollen. Deutsche Panzer würden wieder an die "Ostfront" geschickt, was nicht nur den Tod russischer Soldaten, sondern auch der Zivilbevölkerung bedeute, so Netschajew.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich bei Scholz und Deutschland für die zugesagte Lieferung von Kampfpanzern, wie er nach einem Telefonat mit Scholz auf Twitter schrieb. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg attestierte Scholz und Deutschland Führungskraft: "In einem kritischen Moment des russischen Krieges können sie der Ukraine helfen, sich zu verteidigen, zu siegen und sich als unabhängige Nation zu behaupten", schrieb er auf Twitter.
Erleichterung bei FDP und Grünen
Erleichtert reagierten FDP und Grüne, die Koalitionspartner von Kanzler Scholz, die auf eine Entscheidung für die Lieferung gedrängt hatten. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach von einer richtigen Entscheidung, die nicht leicht falle. Mit den Panzern würden Menschen sterben, aber der Tod anderer werde verhindert und der Krieg vielleicht irgendwann beendet. CDU-Chef Friedrich Merz unterstützte die Entscheidung ebenfalls, warf Scholz aber zugleich Zögerlichkeit vor. Es bleibe das Bild eines Getriebenen, der zu lange gezögert habe.
Linke und AfD verurteilten den Schritt dagegen. Scholz ziehe Deutschland damit immer weiter in den Krieg hinein, twitterte Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali am Mittwoch. AfD-Co-Chefin Alice Weidel bewertete die Bereitstellung von Leopard-Panzern für die Ukraine als "verhängnisvolle Entscheidung".