Zum Ende also doch. Deutschland liefert 14 Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine. Das teilte der Sprecher der deutschen Regierung, Steffen Hebestreit, am Mittwoch mit. Zudem erteilt die deutsche Bundesregierung anderen Staaten die Genehmigung zur Lieferung eigener Leopard-Panzer an die Ukraine.
Es war eine Wende in Zeitlupe. Aber die Entscheidung hatte sich seit Tagen abgezeichnet. Am Freitag hatte der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf einem Nato-Treffen einen Prüfauftrag für mögliche Lieferungen erteilt. Allgemein wurde darüber gelästert, die Bundeswehr kenne wohl ihren eigenen Leopard-Bestand nicht so genau. Für die Bundesregierung war das aber schon das erste Manöver für einen Schwenk.
Polen hatte Druck erhöht
Im Verlauf des Dienstags hatte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki dann den Druck weiter erhöht. Polen reichte bei der Bundesregierung offiziell ein Gesuch für eine Genehmigung ein, Leopard-Panzer aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern. Wenige Stunden später kamen die Berichte über die deutsche Lieferung.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wird über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert. Außenpolitisch hatte sich Deutschland mit der Zurückhaltung stark isoliert. Auch innenpolitisch machten die Koalitionspartner FDP und Grüne Druck.
Bundeskanzler Olaf Scholz ertrug das Ganze stoisch. Fast mantrahaft wies er darauf hin, dass Deutschland nur gemeinsam mit den Verbündeten handele. Allen voran die USA. So passt es ins Bild, dass auch die US-Regierung laut Medienberichten Kampfpanzer vom Typ Abrams an die Ukraine liefern wolle.
Gründe für Zurückhaltung
Scholz Zurückhaltung hat Gründe. Einen legte er im Vorjahr im Interview mit dem Spiegel selbst dar. Von einer atomaren Eskalation war da die Rede. Auch deshalb mochte Scholz nur gemeinsam mit den Verbündeten marschieren. Zudem mahnten die Kräfteverhältnisse in der SPD zu Zurückhaltung. „Eine Politik in Zeiten eines Krieges in Europa macht man nicht im Stil von Empörungsritualen oder mit Schnappatmung, sondern mit Klarheit und Vernunft“, warnte SPD-Klubobmann Rolf Mützenich am Wochenende. Allgemein war das als Entgegnung auf die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gewertet worden.
Von Koalitionskrise war die Rede. Mehr aber noch war das eine Warnung vom linken pazifistischen Flügel der SPD. Insofern passt es, dass die SPD-Spitze am Dienstag ein neues außenpolitisches Grundsatzpapier billigte. Europa brauche Sicherheit vor Moskau, heißt es da. Die Partei der Russland-Versteher geht auf Distanz.
Außenpolitischer Schaden bleibt
Nun liefert Scholz. Aber der außenpolitische Schaden bleibt. Er wirkt wie ein Getriebener, nicht wie jemand, der den Takt des Handelns bestimmt. Der Leopard hat viele Vorteile. Nicht nur auf dem Schlachtfeld. In Europas Armeen leisten mehrere tausend des Gefährts ihren Dienst, allein fünfhundert in Griechenland. Notwendige Ersatzteile sind also schnell und ausreichend verfügbar. Auch das Training lässt sich einfacher organisieren. Mit zwei bis drei Monaten Ausbildung für die ukrainischen Soldaten rechnen Experten. Das Ganze zieht sich also in den März und April – wenn in der Ukraine die gefrorenen Böden auftauen.
Im tiefen Morast verliert der Leopard seine Vorteile. Der Krieg in der Ukraine tritt nun in eine neue Phase. Mit Blick auf das Material ist die Ukraine gut bestückt, bei der Personalstärke gegenüber dem bevölkerungsreichen Russland gerät das Land aber langfristig in die Defensive. Ein Blick zurück auf Schlafwandler und den Ersten Weltkrieg.
Auch da unterstützten die USA die Verbündeten zunächst mit Geld und Material, um SPD-Klubobmann Mützenich warnte: „Dieselben, die heute Alleingänge mit schweren Kampfpanzern fordern, werden morgen nach Flugzeugen oder Truppen schreien.“ Die Ukraine zu unterstützen ist das eine, die Logik des Krieges durchbrechen etwas anderes.
Peter Riesbeck (Berlin)