Was nach einem schlechten Scherz klingt, könnte tatsächlich so sein: Nach Einschätzung britischer Geheimdienste will Moskau mit Musik und Kultur die Moral seiner eigenen Truppen im Ukraine-Krieg stärken. Vor einigen Tagen seien zwei sogenannte "kreative Brigaden" mit Opernsängern, Schauspielern und Zirkusleuten angekündigt worden, die an der Front zum Einsatz kommen sollen, hieß es am Sonntag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter.

Miese Führung, Besoldung und Ausrüstung

Die Briten mutmaßen, dass Russland die Kultur- und Unterhaltungsoffensive eng mit ideologisch geprägter politischer Bildung verbindet. Dies sei bei den Russen seit Sowjetzeiten eng verflochten. Gleichzeitig wird in London angezweifelt, dass der Kreml damit die Moral der russischen Truppen tatsächlich stärken kann. Die größten Probleme der Russen seien weiterhin die hohe Zahl an Gefallenen, mangelhafte Führung, Probleme bei der Besoldung und lückenhafte Ausstattung. Bei diesen Herausforderungen könnten die kreativen Brigaden wohl wenig ausrichten, hieß es.

Insgesamt dauert der russische Angriffskrieg inzwischen fast 300 Tage. Nach einer Reihe schmerzhafter militärischer Niederlagen und einer Explosion auf der für Russland strategisch wichtigen Brücke zur seit 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat die russische Führung im Herbst damit begonnen, gezielt die zivile Infrastruktur der Ukraine zu beschießen. Die Angriffe auf die Energieversorgung im Winter dienen offenbar dazu, die Kriegsmüdigkeit der ukrainischen Bevölkerung zu erhöhen und Kiew zur Aufgabe zu bewegen.