Russlands Präsident Wladimir Putin hat laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA ein Gesetz unterzeichnet, wonach Schwerverbrecher eingezogen werden können. Ausgenommen seien Personen, die wegen sexuellen Kindesmissbrauchs, Verrats, Spionage oder Terrorismus verurteilt wurden, berichtete RIA am Freitag. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur TASS berichtet Putin auch über einen nicht abnehmenden Zustrom von Freiwilligen, die in die russische Armee eintreten.

318.000 mobilisierte Reservisten

Die Zahl der mobilisierten Reservisten beliefe sich auf 318.000 Männer, sagte der russische Präsident vor Freiwilligen. 49.000 Mann davon seien bereits im Kampfeinsatz, alle anderen noch in Ausbildung. Der Staat unterstütze ihre Familien, hieß es.

In der vergangenen Woche hatte Moskau mitgeteilt, dass die Ende September begonnene Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine inzwischen abgeschlossen wurde. Rund 82.000 der Männer seien an der Front im Einsatz, die übrigen würden derzeit in Russland auf den Kampf vorbereitet. Neue Maßnahmen der Mobilmachung seien nicht geplant. Laut westlichen Regierungsquellen sind infolge der teilweisen Mobilmachung schätzungsweise 400.000 Russen aus ihrer Heimat geflohen.

Verbrecher stehen bereits im Ukraine-Krieg für Russland an der Front, nämlich im Dienste der russischen Söldnergruppe Wagner. Diese hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste wegen erheblicher Verluste ihre strengen Einstellungskriterien deutlich abgeschwächt. "In früheren Konflikten hat sie relativ hohe Rekrutierungsstandards aufrechterhalten, und viele ihrer Söldner hatten zuvor als professionelle russische Soldaten gedient", teilte Ende Oktober das Verteidigungsministerium in London mit.

Zuletzt habe Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem Online-Beitrag aber nahegelegt, dass die Gruppe nun auch Häftlinge mit schweren Krankheiten wie zum Beispiel Hepatitis C rekrutieren würde. "Die Aufnahme von Gefangenen mit ernsthaften medizinischen Bedenken unterstreicht, dass jetzt Menge über Erfahrung oder Qualität gestellt wird", kommentierte das britische Ministerium den Beitrag.

Der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew hat indes in einem Blog-Beitrag zum Tag der nationalen Einheit in Russland den Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt. Wie Putin in seinen Reden stellte auch er die Ukraine als Teil Russlands dar. Geflohene Russen bezeichnete er am Freitag als "feige Verräter". Der Vatikan sieht unterdessen einige positive Zeichen in Richtung eines Dialoges über Frieden in der Ukraine.

"Den obersten Herrn der Hölle aufhalten"

"Wir brauchen keine fremden Territorien, wir haben alles im Überfluss", schrieb Medwedew am Freitag auf Telegram. "Aber es gibt Heimaterde, auf der unsere Vorfahren gelebt haben und auf der heute unsere Menschen leben. Wir geben sie an niemanden her", fügte er hinzu. Russlands Gegner in der Ukraine und im Westen seien "Teil einer sterbenden Welt", erklärte der Vizesekretär des Sicherheitsrates. Er griff das seit Kurzem in Russland kursierende Propagandamotiv auf, man habe es in der Ukraine mit teuflischen Kräften zu tun. "Ziel ist, den obersten Herrn der Hölle aufzuhalten, welchen Namen er auch annimmt – Satan, Luzifer oder Iblis", schrieb er.

In einer Rede zum Tag der Einheit des Volkes bezeichnete er den Angriff auf die Ukraine als "heiligen Kampf gegen Satan". Russland sei fähig, seine Feinde in die Feuer der Gehenna zu schicken, sagte Medwedew, der von 2008 bis 2012 russischer Präsident war, bevor er mit Putin die Rollen tauschte und bis 2020 als Ministerpräsident fungierte. Er nutzte dabei einen hebräischen Ausdruck für Hölle. "Deshalb ist unsere Sache gerecht", schrieb er in Anlehnung an ein Zitat, mit dem die Sowjetunion 1941 zur Abwehr des deutschen Überfalls aufgerufen hatte. Seit der Entsendung russischer Truppen in die Ukraine veröffentlicht Medwedew in den sozialen Medien zunehmend anti-westliche Beiträge.

Im Online-Dienst Telegram bezeichnete Medwedew aus Russland geflohene Bürger am Freitag als "feige Verräter". "Feige Verräter und gierige Überläufer sind in ferne Länder geflohen – mögen ihre Gebeine in der Fremde verrotten", schrieb der ehemalige Präsident.