Die Ukraine vermeldet nach der völkerrechtswidrigen Annexion mehrerer Gebiete durch Russland weitere Erfolge bei ihrer Gegenoffensive. In der Südukraine habe die Armee fünf weitere Orte zurückerobert, schrieb der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Dienstag beim Nachrichtendienst Telegram. Die ukrainische Gegenoffensive bereitet den russischen Einheiten nach Expertenansicht gleich am mehreren Fronten enorme Probleme.
Offenbar weitere Erfolge
In sozialen Netzwerken kursierten Videos aus dem lang umkämpften Dorf Dawydiw Brid und den Ortschaften Welyka Olexandriwka und Starossillja am Fluss Inhulez. Zudem sollen ukrainische Einheiten in Dudtschany am Fluss Dnipro eingerückt sein. Offizielle Bestätigungen lagen zunächst nicht vor.
"Die Ukraine diktiert im Moment das Tempo", sagte ein Vertreter westlicher Sicherheitskreise in einem Briefing zu Journalisten in London. Einige russische Einheiten stünden so unter Druck, dass sie sich zum Rückzug gezwungen sähen – teilweise gegen den Willen der russischen Führung. Mit Blick auf den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen hieß es von dem westlichen Beamten, man sehe keinerlei Anzeichen dafür, dass Moskau einen solchen Schritt vorbereite.
Zuvor hatten Videoaufnahmen eines russischen Güterzuges für Spekulationen gesorgt. In Medien wurden unter anderem gemutmaßt, die auf dem Zug transportierten Fahrzeuge könnten zu einer Abteilung gehören, die für die Wartung des russischen Atomwaffenarsenals verantwortlich ist. Belege dafür gab es nicht.
Der Kreml wies Berichte über einen geplanten Atomtest an der russischen Grenze zur Ukraine zurück. "Westliche Medien, westliche Politiker und Staatsoberhäupter üben sich zurzeit in nuklearer Rhetorik", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, am Dienstag in Moskau. "Daran wollen wir uns nicht beteiligen."
Die britische Zeitung "The Times" hatte zuvor berichtet, dass die Nato ihre Mitglieder davor gewarnt habe, dass Präsident Wladimir Putin seine Bereitschaft zum Einsatz von Atomwaffen durch einen Atomtest an der ukrainischen Grenze demonstrieren wolle.
Kiew untersagt Verhandlungen
Die Ukraine untersagte unterdessen – wie schon am Freitag angekündigt – Verhandlungen mit Putin. Ein entsprechendes Dekret des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurde am Dienstag auf dessen Webseite veröffentlicht. Dem ging eine Entscheidung des Rates für Sicherheit und Verteidigung voraus. In den ersten Wochen des Krieges gab es Gespräche zwischen der Ukraine und Russland vor allem auf Ebene von Unterhändlern. Nach den zunehmenden Erfolgen der ukrainischen Armee schließt Kiew Verhandlungen vor dem kompletten Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Staatsgebiet praktisch aus.
Russland ist am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert und hat inzwischen vier Gebiete in der Süd- und Ostukraine offiziell annektiert. Doch kontrolliert es diese Gebiete nur zum Teil und muss sich nach erfolgreichen ukrainischen Gegenschlägen immer weiter zurückziehen.