Der Inhalt der Gespräche vom vergangenen März in der Gegend von Butscha hat es in sich und zeigt die Grauen des Krieges in aller Deutlichkeit. Zwar dürfen russische Soldaten ihre Handys nicht für nicht autorisierte Anrufe in die Heimat benutzen, doch viele ignorierten dieses Verbot.  

Viele dieser Gespräche wurden von ukrainischen Behörden abgefangen und erreichten in weiterer Folge die New York Times erlangt. Monatelang überprüften die Journalisten die Authentizität der Anrufe, die sie nun veröffentlichten. Um die Identität der Soldaten zu schützen, gab man nur deren Vornamen an. 

Die Soldaten beklagen sich in den Gesprächen über ihre Führung, den Mangel an Ausrüstung und sprechen von einer aussichtslosen Situation. Sie sprechen auch über die Kriegsverbrechen in Butscha von Plünderungen. Sie enthalten Schilderungen von Gewalt und vulgäre Formulierungen. 

Nikita an seine Partnerin: 

"Fuck. Hier liegen Leichen auf der Straße. Zivilisten liegen hier einfach herum. Es ist beschissen." 

"Direkt auf der Straße?"

"Ja."

Nikita an einen Freund: 

Alles wurde verf* geplündert und der ganze verf* Alkohol gesoffen. Das ganze Geld genommen. ...Jeder macht das hier.

Sergeij an seine Mutter:

Niemand hat uns gesagt, dass wir in den Krieg gehen. Sie haben uns einen Tag, bevor es losging gewarnt.  

Nikita an einen Freund:

"Wir hätten zu einem Training für zwei, drei Tage gehen sollen." 

"Bruder, ich verstehe dich"

"Sie haben uns verarscht wie kleine Kinder."

Aleksander an seine Partnerin:

"Such ein Apartment in Orenburg""

"Warum?"

"Also, wir sind in dieses Haus gegangen. Mischa und ich haben einen Safe mit einem Schlüssel geöffnet. Da lagen 5.200 drinnen (5,2 Millionen Rubel, Anm.)."

"Leg es zurück."

"Ich bin doch kein Idiot. Ich hab ein ganzes Apartment in meiner Tasche." 

Aleksej an seine Partnerin:

"Ich hab' nicht gewusst, dass das passieren wird. Sie haben gesagt wir gehen zu einem Training. Diese Bastarde haben uns nichts gesagt." 

Sergeij an seine Mutter:

"Mama, dieser Krieg ist die dümmste Entscheidung, die unsere Regierung jemals getroffen hat, glaube ich."

Ilija an seine Partnerin:

"Was sagen sie sonst noch? Wenn beendet er das alles, Putin? Fuck!"

"Er sagt, es verläuft alles genau nach Plan."

"Da liegt er aber schwer daneben."

Strategische Fehler und Gräueltaten an Zivilisten

Sergeij an seine Freundin:

Wir haben sie angehalten, ausgezogen und ihre Kleidung durchsucht. Dann musste entschieden werden, ob wir sie gehen lassen. Wenn wir sie gehen gelassen hätten, hätten sie unsere Position verraten können. Also wurde entschieden, sie im Wald zu erschießen. ..."

"Habt ihr sie erschossen?"

"Natürlich haben wir sie erschossen."

"Warum habt ihr sie nicht festgenommen?"

"Wir hätten sie mit essen versorgen müssen und davon haben wir nicht mal genug für uns selbst, verstehst du."

Aleksander

"Putin ist ein Trottel. Er will Kiew einnehmen. Es besteht keine Chance, dass wir das schaffen."

Sergeij an seine Freundin:

"Sie belügen die Leute im Fernsehen, so 'Alles ist gut; es gibt keinen Krieg – nur eine Spezialoperation.' In echt ist es ein richtiger beschissener Krieg."

Sergeij an seine Mutter

"Es gibt einen Wald, wo das Hauptquartier der Division ist. Ich bin reingegangen und hab ein Meer an Leichen von Zivilisten gesehen. Ein Meer. In meinem scheiß Leben hab ich noch nie so viele Leichen gesehen. Es ist nur noch ver*. Man kann nicht sehen wo es aufhört."

Sergeij an einen Freund

"Viele unserer Fallschirmjäger sind vor uns gelandet. ...Sie sind getroffen worden."

Sergeij an seinen Vater

"Panzer und andere Fahrzeuge haben gebrannt. Sie haben ein Brücke und einen Damm gesprengt. Die Straßen geflutet. Wir können nirgends mehr hin." 

Nikita

"Die Khokhols (Schimpfwort für die Ukrainer, Anm.) rücken vor und wir stehen hier einfach herum. ... Ich hätte mir nie gedacht, dass ich in so eine scheiß Lage komme."

Beschuss von eigenen Leuten

Nikita an seine Freundin

Unsere eigenen scheiß Truppen haben uns beschossen. Sie haben gedacht wir sind scheiß Khokhols. ... Wir haben gedacht, es ist jetzt vorbei."

Sergeij an seine Freundin:

"Ein paar Typen haben die Waffen von den Leichen der Ukrainer genommen und verwenden die jetzt selbst. ... Die Nato-Waffen sind viel besser als unsere."

Jegor antwortet einem Verwandten:

"Habt ihr Verluste?"

"Ja, allein in meinem Regiment ein Drittel."

Sergeij an seine Mutter:

"Es waren 400 Fallschirmjäger. Und nur 38 von ihnen haben überlebt. ... Weil unsere Kommandeure sie zum Schlächter geschickt haben."

Sergeij an seine Freundin:

"Sie haben uns gesagt, dass dort, wo wir hingehen, viele Zivilisten sind. Und sie haben uns befohlen, jeden zu erschießen, den wir sehen." 

"Warum zur Hölle?"

Sie hätten unsere Position verraten können. ... Es schaut  so aus, als sei das, was wir jetzt verf' machen. Jeden Zivilisten Töten, der vorbeikommt und ihn in den Wald bringen. ... Ich bin schon ein Mörder. Ich will nicht noch mehr Leute töten, vor allem wenn ich ihnen in die Augen schauen muss. 

Den vollständigen Artikel in der New York Times im englischen Original samt den russischsprachigen Audios der Gespräche finden sie hier