Kremlchef Wladimir Putin würdigt den ehemaligen und letzten Staatschef der kommunistischen Sowjetunion Michail Gorbatschow als eine Person, die großen Einfluss auf die Weltgeschichte hatte und tiefes Verständnis für die Notwendigkeit von Reformen gezeigt habe. Will da ein Kriegsherr mit der Würdigung eines Friedensnobelpreisträgers sein Image polieren?
BARBARA STELZ-MARX: Putin gibt sich jetzt staatsmännisch. Er wurde von Gorbatschow immer wieder kritisiert für die Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Putin gab Gorbatschow die Schuld für den Zusammenbruch des Imperiums. Als ich das erste Mal nach Moskau gereist bin, das war 1991 im August, als der Putsch gegen Gorbatschow stattfand, war noch die Phase von Glasnost und Perestroika. Es herrschte Hoffnung: das Ende des Kalten Krieges, die Annäherung der Sowjetunion an den Westen, ein Sowjetführer, der sich für demokratische Werte einsetzte und für den Frieden in Europa.
Seine Reformversuche kosteten Gorbatschow aber schließlich sein politisches Amt und Russland seine Rolle als Supermacht ...
STELZ-MARX: Auch hier der Unterschied zwischen Gorbatschow und Putin. Gorbatschow klammerte sich nicht an die Macht, er war der erste Staatsmann in der Sowjetunion, der die Macht freiwillig abtrat und an andere übergab. Putin hingegen klammert sich seit 20 Jahren an die Macht. Der eine stand für Reformen und Fortschritt, der andere steht für den Rückschritt im Land.