Der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder sieht trotz des russischen Krieges gegen die Ukraine keinen Anlass, sich von Russlands Präsident Wladimir Putin zu distanzieren. "Ich habe mehrfach den Krieg verurteilt, das wissen Sie. Aber würde eine persönliche Distanzierung von Wladimir Putin wirklich irgendjemandem etwas bringen?", fragte das SPD-Mitglied Schröder einem Interview mit dem Magazin "Stern" und dem Sender "RTL/ntv" (Mittwoch).
"Muss ich denn über jedes Stöckchen springen, das mir hingehalten wird? So bin ich nicht. Ich habe da Entscheidungen getroffen, und dazu stehe ich, und ich habe klargemacht: Vielleicht kann ich noch mal nützlich sein. Warum soll ich mich also entschuldigen", fügte Schröder hinzu.
Der Altkanzler steht seit Langem wegen seiner Nähe zu Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft in der Kritik. Auf den Hinweis im Interview, dass man bei einer Distanzierung immerhin wüsste, wo er moralisch stehe, antwortete der 78-Jährige: "Ach, das ist schon verrückt. Sehen Sie mal, ich bin hier Mitglied in einem Golfklub bei Hannover. Da hat ein anderes Mitglied sich beschwert, weil er mich da ab und zu sehen müsse. Aber ich kriege auch viele Briefe aus Deutschland, in denen steht: Gut, dass es noch jemanden gibt, der Gesprächskanäle mit Russland im aktuellen Konflikt offenhält."
Schröder hat sich nach Ansicht von Kritikern auch aus seiner eigenen Partei nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar bisher nicht ausreichend von Russland distanziert. In den kommenden Tagen will die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover über einen möglichen Parteiausschluss entscheiden. Die rechtlichen Hürden für eine Parteistrafe oder gar einen Ausschluss sind allerdings sehr hoch.