Nach mehrtägigem Zögern schließt sich auch Österreich den europäischen Sanktionsmaßnahmen gegen russische Diplomaten an. Wie eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Donnerstag mittelte, wird der diplomatische Status von drei Angehörigen der russischen Botschaft in Wien und eines Angehörigen des Generalkonsulats in Salzburg aufgehoben. Die Personen müssen Österreich bis spätestens 12. April verlassen.
Die Personen hätten mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, hieß es in Anspielung auf Geheimdiensttätigkeiten. Schallenberg hatte noch am Dienstagabend in der "ZiB2" betont, noch keine Handhabe für Ausweisungen zu haben. Zugleich betonte er, handeln zu wollen, wenn es "starke Indizien" für entsprechende Verstöße von Diplomaten gebe.
Sorge vor Vergeltung
Die nunmehrige Entscheidung folgt einen Tag nach der Aussage des russischen Vize-Außenministers Alexander Gruschko, dass Moskau trotz der Ausweisungen an diplomatischen Beziehungen mit den westlichen Staaten festhalten wolle. Schallenberg hatte sich im "ZiB2"-Interview besorgt gezeigt, dass die österreichische Botschaft in Moskau im Fall eines russischen Vergeltungsaktes auf die Ausweisungen würde schließen müssen.
Die vier Ausweisungen sind nur ein symbolischer Schritt, schließlich hatte Russland bisher 146 Personen bilateral in Österreich akkreditiert. Nach Informationen des Außenministeriums vom Mittwoch hatte Russland nämlich 68 Diplomaten und 75 Personen administrativ-technisches Personal in Wien akkreditiert sowie drei Berufskonsuln in Wien. Zählt man noch das russische Botschaftspersonal bei den internationalen Organisationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hinzu, kommt man auf eine Gesamtzahl von derzeit 290 Personen. Umgekehrt hat Österreich 33 Personen für seine Moskauer Botschaft in Russland akkreditiert. Es handelt sich um 15 Diplomatinnen, elf Angehörige von Fachressorts und sieben administrativ-technische Mitarbeiter.
Litauen und Slowenien am radikalsten
Nach Bekanntwerden des Massakers von Butscha hatten eine Reihe europäischer Staaten Ausweisungen russischer Diplomaten verkündet. Am radikalsten waren dabei Litauen und Slowenien. Die Baltenrepublik schickte sogar den russischen Botschafter nach Hause, was einer Herabstufung der diplomatischen Beziehungen gleichkommt. Slowenien ging nach Artikel 11 der Wiener Konvention vor, die eine Verringerung des Botschaftspersonals auf den Umfang des eigenen Personals im Entsendeland ermöglicht. Damit müssen 33 der 41 russischen Diplomaten Ljubljana verlassen.
Die ersten Staaten, die Ausweisungen verkündeten, waren am Montag Litauen, Deutschland und Frankreich. Am Dienstag folgten dann Spanien, Dänemark, Schweden, Slowenien, Rumänien, Portugal sowie die baltischen Republiken Estland und Lettland. Am Mittwoch setzten auch Norwegen und das traditionell eher dem russlandfreundlichen Lager in der EU zugerechnete Griechenland diese Maßnahme.
Schallenberg hatte für sein hauptsächlich mit dem Sonderstatus Wiens als Sitz internationaler Organisationen begründetes Zögern innenpolitischen Rückhalt. Bis Mittwoch hatten sich nur NEOS und die Grünen für Ausweisungen positioniert, die SPÖ zeigte sich zurückhaltend und verwies auf das Offenhalten diplomatischer Kanäle. Die traditionell russlandfreundliche FPÖ meinte gar, eine Ausweisung wäre "mehr als kontraproduktiv".