"Ein bissl aufwachen tät' uns gut": Der ehemalige österreichische Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) geht mit Europa hart ins Gericht. Der Krieg Putins in der Ukraine habe die Dimension, ein Weltkrieg zu werden. "Wir sind nicht vorbereitet gewesen und sind heute noch nicht vorbereitet", sagte Busek bei einer Podiumsdiskussion der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft (ÖAG) am Montagabend in Wien.
"Wir sind tapfer – bis zum letzten Ukrainer", so sehe sich Europa gerade. Und: "Wir haben mit der Ukraine-Frage eine Krise der Demokratie." Busek bemängelte eine fehlende Auseinandersetzung nicht nur mit Präsident Wladimir Putin in Russland, sondern auch mit Ungarns nationalkonservativen Premier Viktor Orban.
Ähnlich sieht das Reinhard Heinisch, Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg: "Europa schaut weg, auch bei europäischen Konflikten, Stichwort Balkan", sagte er bei der Diskussion, die sowohl live als auch per Internet-Stream verfolgt werden konnte. Die Politik müsse wieder Verantwortung übernehmen. Es liege an der Politik, Entscheidungen zu treffen und diese zu kommunizieren. "Wir haben eine Krise der politischen Führung." Putin hat demnach die Schwäche des Westens erkannt und ausnutzen wollen. Das Selbstbild von Europa als "ziviler Supermacht" sei ein Mythos.
Wie geht es weiter? Für Heinisch steht fest: "Es wird komplexer werden, die Bilder werden schlimmer werden." Europa habe einerseits denkbar schlechte Karten. Allerdings: Putin habe es geschafft, den Westen "auf unbeschreibliche Weise zu einigen" und er habe das "pazifistische Deutschland" dazu gebracht, seine Position zu ändern. Neutrale Staaten näherten sich der Nato an.
Österreich ist Nato-Partner
Österreichs Neutralität sei ohnehin "immer sehr halbherzig" gewesen, meinte Gunther Hauser, Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik an der Landesverteidigungsakademie (LVAk) in Wien. Er erinnerte daran, dass Österreich seit 1995 Nato-Partner sei im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden ("Partnership for Peace"/PfP). Putin werde jedenfalls versuchen, den Westen weiter zu testen. Die Nato müsse bereit für die Bündnisverteidigung sein und die ukrainische Zivilbevölkerung massiv unterstützen. Fest stand für die Runde, dass Putin nicht ohne Weiteres zurück könne.