Weltweit gehen Menschen auf die Straße, um gegen das Manöver des russischen Autokraten Vladimir Putin in der Ukraine zu demonstrieren. In Russland selbst drohen Teilnehmern von Kundgebungen drakonische Strafen. Alleine gestern wurden in Russland 3500 Menschen festgenommen, weil sie sich gegen den Krieg aussprechen, der nicht als solcher bezeichnet werden darf.

Unter ihnen: Swetlana Gannuschkina. Die Aktivistin war laut Medienberichten am Weg zum Roten Platz, um dort zu demonstrieren. Als sie eine U-Bahnstation betrat, wurde sie verhaftet und auf eine Polizeiwache gebracht – just an ihrem achtzigsten Geburtstag. Der Vorwurf: Die Teilnahme an einer „nicht erlaubten öffentlichen Aktion“ am 27. Februar, wo gegen das Verbot der Menschenrechtsorganisation Memorial protestiert werden hätte sollen. Auch dessen Leiter des Rechtszentrums, Oleg Orlow war gestern beim Protestieren am Roten Platz verhaftet worden. Beide wurden nach einigen Stunden freigelassen – nachdem Termine für Gerichtsverhandlungen festgelegt wurden. Swetlana Gannuschkina wird am 15. März der Prozess gemacht, ihr droht eine Geldstrafe oder gemeinnützige Arbeit.

Die promovierte Mathematikerin blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Beim Zerfall der Sowjetunion setzte sie sich für Flüchtlinge und Vertriebene ein, sie erwirkte eine Gesetzesänderung, wodurch über zwei Millionen Menschen eine Staatsbürgerschaft bekamen. 2016 erhielt sie den Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis). In diesem Jahr kandidierte sie auch bei den Dumawahlen für die Putin-kritische Partei Jabloko. Die Gefahr, dass sie sich einschüchtern lässt, ist bei Gannuschkina wohl gering. So ließ sie sich auch nicht von ihrer Arbeit aufhalten, als sie russische Neofaschisten 2006 mit Namen und Foto auf eine Todesliste setzten. Auf ihren Mut angesprochen antwortete sie in einem Interview: „Ich bin gar nicht besonders mutig, aber ich spüre diese Angst einfach weniger als andere.“