14 Großflugzeuge landen im Durchschnitt pro Tag: Auf einer Landebahn in der Nähe der Ukraine werden schnell und diskret Tonnen von Militärhilfe aus rund 20 westlichen Ländern angeliefert, die der ukrainischen Armee Hilfe versprochen haben. US-Generalstabschef Mark Milley hat am Freitag das Gelände inspiziert, dessen Lage aus Sicherheitsgründen geheimgehalten wird. 22 Länder sind beteiligt, die USA sind zuständig für die Koordination.
Die wenigen Journalisten, die den ranghöchsten US-Militär bei seinem Besuch begleiten durften, schauen bei der Verladung von rund hundert Javelin-Panzerabwehrraketen zu, die an die ukrainische Grenze gebracht werden sollen. Männer in Zivilkleidung transportieren Paletten mit Raketen, umwickelt mit Plastikfolie, auf Gabelstaplern.
Auf der Landebahn schließt sich der Laderaum eines C-17-Transportflugzeugs der US-Armee. Die Lieferung ist abgeladen. Eine zweite C-17 befindet sich bereits im Landeanflug.
Neben den USA liefern auch viele weitere europäische Länder Waffen
Die ausgeladenen Waffen bleiben nicht lange auf dem Flughafen. Sie werden umgehend auf neutrale, nicht als Waffenlieferung erkennbare Fahrzeuge geladen und auf dem Landweg weiter in die Ukraine transportiert, wie Militärs erklären. Die Aktion wird von Soldaten und Zivilisten vor allem aus Nato-Staaten koordiniert, die die Ukraine in ihrem Kampf gegen die größere und besser ausgerüstete russische Armee unterstützen wollen.
Neben den Vereinigten Staaten, die im zurückliegenden Jahr mehr als eine Milliarde Dollar an Militärhilfe für die Ukraine bereitgestellt haben, liefern auch viele europäische Länder Panzerabwehrraketen, Flugabwehrraketen vom Typ Stinger, gepanzerte Fahrzeuge, Treibstoff, Munition, Sturmgewehre und auch Feldrationen. Auch Deutschland hat in einer historischen Kehrtwende Waffenlieferungen zugesagt.
Die USA hätten schon mehr als zwei Drittel der Ende Februar versprochenen Waffen an die Ukraine geliefert, die davon "wirksamen" Gebrauch gemacht habe, um den Vormarsch der russischen Truppen aufzuhalten, wie ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Freitag sagte.
USA haben Tausende zusätzliche Soldaten in Nato-Länder geschickt
Da die russische Invasion in der Ukraine die osteuropäischen Nato-Partner zutiefst erschüttert und beunruhigt, haben die USA zudem Tausende zusätzliche Soldaten in diese Länder geschickt. Sie sind vor allem in Polen stationiert, wo General Milley am Freitag die Soldaten der 82. Luftlandedivision auf dem großen Truppenübungsplatz Nowa Deba im Südosten des Landes besuchte.
In den vergangenen beiden Wochen haben polnische und US-Soldaten verstärkt gemeinsame Übungen abgehalten, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Eine der Übungen wird am Freitag von Milley verfolgt. US-Panzer simulieren einen Angriff, woraufhin polnische Soldaten in Leopard-Kampfpanzern aus einem bewaldeten Gebiet vorstoßen und – flankiert von anderen US-Panzern – zurückschlagen.
Die US-Soldaten seien vor Ort, "um den Gedanken zu stärken, dass die USA ein vollwertiges Mitglied (der Nato) sind und wir beabsichtigen, als Mitgliedstaat unsere Verpflichtungen aus dem Nato-Artikel 5 zu erfüllen", sagte Milley. Nach Artikel 5 des Nato-Vertrages müssen alle Partner einem angegriffenen Nato-Mitglied beispringen.
Der Chef der US-Landstreitkräfte in Europa, General Chris Cavoli, beaufsichtigt die Truppenverlegungen. Er lobt die beispiellose Mobilisierung von Nato-Soldaten in den vergangenen zwei Wochen. "Ich habe noch nie eine so geeinte Nato gesehen", sagt er. Er habe zudem "noch nie eine Entschlossenheit und einen konkreten Ausdruck der Kampfbereitschaft gesehen wie jetzt bei den Bodentruppen der Allianz". Dies sei "bemerkenswert".
Milley besucht schließlich auch noch ein Aufnahmezentrum, das kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine fertiggestellt worden war, um mögliche US-Bürger aufzunehmen. Es wurde in einem Konferenzzentrum im südpolnischen Rzeszów eingerichtet und kann bis zu 2500 Menschen beherbergen. Bislang wurde es noch nicht genutzt. Sollte sich der Exodus aus der Ukraine verstärken, könnten auch Flüchtlinge von dort aufgenommen werden.
Das Zentrum G2 Arena wird von Chris Donahue geleitet, dem letzten US-Soldaten, der Ende August die afghanische Hauptstadt Kabul verließ. In dem Zentrum ist auch das provisorische Hauptquartier der 82. Division in Polen untergebracht sowie ein multinationales Einsatzzentrum.
Von dort beobachten die Soldaten der 82. Division den Strom von Flüchtlingen, der an der polnischen Grenze ankommt. Zudem analysieren sie den Verlauf der Kämpfe in der Ukraine, um so gut wie möglich die Sicherheit der Waffenlieferungen an die ukrainische Armee zu gewährleisten.
Sylvie Lanteaume/AFP