Aus Protest gegen den russischen Krieg in der Ukraine haben rund 140 Diplomaten in Genf vor der Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow den Saal des UNO-Menschenrechtsrats verlassen. An der koordinierten Aktion war auch Österreich beteiligt, wie eine Sprecherin des Außenministeriums der APA bestätigte. Lawrow, der per Video zugeschaltet war, verlas eine lange Erklärung, in der er den Angriff mit Menschenrechtsverletzungen auf ukrainischer Seite rechtfertigte.
Lawrow wollte zunächst persönlich an der Sitzung teilnehmen. Die Reise wurde dann mit Verweis auf die Sperrung des europäischen Luftraums für russische Maschinen abgesagt. Der Menschenrechtsrat hatte am Montag mit seiner regulären Frühjahrssitzung begonnen. US-Außenminister Antony Blinken mahnte bei seinem Auftritt eine resolute und geeinte internationale Botschaft an Russlands Präsident Wladimir Putin an, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Russland verletze zunehmend die Menschenrechte, indem auch Krankenhäuser und Schulen bombardiert würden, sagt Blinken in einer Videobotschaft vor dem UNO-Menschenrechtsrat.
Lawrow: "Anti-Russland, um dem Westen zu gefallen"
In seiner Rede warf Lawrow am Dienstag wiederum der Ukraine jahrelange Terrorisierung Angehöriger der russischen Minderheit vor. Ihre Menschenrechte seien auf vielfältige Weise verletzt worden. Der Westen habe nicht nur zugeschaut, sondern dies unterstützt. Er erwähnte mehrfach die USA, Kanada und die Europäische Union. Seit Mitte Februar seien mehr als 100.000 Menschen aus der Region Donbass nach Russland geflohen.
Die Regierung in Kiew wolle ihr Land in ein "Anti-Russland" verwandeln, "um dem Westen zu gefallen", sagte Lawrow nach der englischen UNO-Übersetzung seiner Rede. Die westlichen Länder seien "besessen" von Sanktionen, die Lawrow als illegal bezeichnete. Sie zielten nach seiner Darstellung auf das normale Volk ab. "Der Westen hat eindeutig die Kontrolle über sich selbst verloren, weil er seine Wut an Russland auslassen will", sagte Lawrow laut Übersetzerin.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) betonte in seiner Videobotschaft, den Einmarsch russischer Streitkräfte in der Ukraine "auf das Schärfste" zu verurteilen. Schallenberg forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, "diesen sinnlosen Krieg sofort zu beenden. Die russische Militäraggression wird Tausende von Toten, Vertriebenen oder lebenslang gezeichneten Menschen, auseinandergerissene Familien und traumatisierte Kinder hinterlassen", warnte er laut Redetext. "Geschichtsrevisionismus, Desinformation und der Einsatz militärischer Gewalt anstelle von Diplomatie bringen die Dämonen der Vergangenheit zurück, die wir hinter uns gelassen zu haben glaubten." Schallenberg drückte außerdem "die volle Solidarität Österreichs mit der Ukraine" aus.
Beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine wurden nach Angaben der Vereinten Nationen bisher mehr als 100 Zivilisten getötet. Zudem seien mehr als 300 Unbeteiligte verletzt worden, hatte das Büro der UNO-Menschenrechtsbeauftragten Michelle Bachelet am Montag in Genf mitgeteilt. Unter den Todesopfern seien auch mindestens sieben Kinder.