Die Regierungen Israels und der USA sehen nach der Tötung des Hamas-Anführers Yahya al-Sinwar im Gazastreifen nun größere Chancen auf ein Ende des seit über einem Jahr andauernden Kriegs in Nahost. Ob sich die Hoffnungen auf eine Deeskalation nach Monaten des Kriegs mit der Hamas im Gazastreifen und der mit ihr verbündeten Hisbollah im Libanon wirklich erfüllen, erscheint aber fraglich.

Nach dem Massaker der Hamas und anderer islamistischer Terroristen am 7. Oktober 2023 in Israel, bei dem mehr als 1200 Menschen getötet und weitere 250 in den Gazastreifen verschleppt wurden, hat Israel eine Reihe islamistischer Anführer töten lassen. Hier ein Blick auf die drei wichtigsten:

Yahya al-Sinwar - 16. Oktober 2024

Yahya al-Sinwar
Yahya al-Sinwar © AFP / Mohammed Abed

Der Hamas-Anführer gilt als Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober 2023 und war der von Israel meistgesuchte Terrorist. Der 61-Jährige wurde in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen von israelischen Soldaten getötet. Die israelische Armee war eigenen Angaben zufolge verstärkt im südlichen Teil des Küstenstreifens im Einsatz - aufgrund von Geheimdienstinformationen, dass sich dort ranghohe Hamas-Mitglieder verborgen halten könnten.

Sinwar gehörte zur Gründergeneration der Hamas. Als junger Funktionär, der für innere Sicherheit zuständig war, war er für seine Brutalität im Umgang mit Verdächtigen und politischen Gegnern berüchtigt. Er war - auch wegen seiner gegen eigene Leute gerichteten Grausamkeit - als „Schlächter von Chan Junis“ bekannt, benannt nach seinem Herkunftsort. Seit 2017 war Sinwar Hamas-Chef im Gazastreifen. In dieser Funktion rüstete er die Islamistenorganisation mit iranischer Hilfe massiv auf und bereitete sie auf den Terrorüberfall im Oktober 2023 vor.

Sinwar war 1988 wegen Mordes an vier mutmaßlichen Kollaborateuren und zwei israelischen Soldaten zu einer langen Gefängnisstrafe in Israel verurteilt worden. Er verbrachte mehr als zwei Jahrzehnte in israelischer Haft. 2011 kam er als einer von mehr als 1000 palästinensischen Häftlingen im Gegenzug für den in Gaza festgehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit frei.

Hassan Nasrallah - 27. September 2024

Trauernde mit einem Bild Hassan Nasrallahs
Trauernde mit einem Bild Hassan Nasrallahs © AP / Hassan Ammar

Der Chef der libanesischen Hisbollah-Miliz wurde Ende September bei einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort der Hauptstadt Beirut getötet. Der Tod des 64-Jährigen, der die mit der Hamas verbündete und proiranische Organisation seit mehr als 30 Jahren anführte, gilt als schwerster Schlag Israels gegen die Hisbollah seit Jahrzehnten.

Als Hisbollah-Anführer Abbas al-Musawi 1992 von Israel getötet wurde, rückte Nasrallah an die Spitze der Schiitenmiliz. Er galt bis zuletzt als einer der erbittertsten Feinde des jüdischen Staates und stimmte sich eng mit dem Iran als wichtigstem Unterstützer sowie mit dessen Elitestreitmacht, den Revolutionsgarden, ab. Nasrallah verwandelte die Miliz in eine deutlich mächtigere und gefährlichere Organisation, als sie es in der Zeit seines Vorgängers gewesen war.

Als großen Triumph empfand er den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon im Jahr 2000 und den „göttlichen Sieg“ nach Ende des zweiten Libanon-Kriegs 2006. Vor und nach der Tötung Nasrallahs ist der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah noch weiter eskaliert.

Ismail Haniyeh - 31. Juli 2024

Ein Porträt von Ismail Haniyeh
Ein Porträt von Ismail Haniyeh © AFP / Ahmad Al-rubaye

Auch der in Irans Hauptstadt verübte Mordanschlag auf den früheren politischen Führer der Hamas, Ismail Haniyeh, wird Israel zugeschrieben. Eine gezielt herbeigeführte Explosion tötete den 62-Jährigen in der Nacht zum 31. Juli in einem Gästehaus der iranischen Regierung in Teheran, wo er sich zur Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian aufhielt. Haniyeh gehörte der Hamas seit Jahrzehnten an und führte seine Rolle als Auslandschef der Terrororganisation zuletzt vom Golfemirat Katar aus.

Er wurde 1963 im Flüchtlingslager Shatti („Strand“) in Gaza geboren und wuchs dort in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern wurden aus Askalan vertrieben, das später zum südlichen israelischen Ort Ashkelon wurde. Zur Hamas stieß er Ende der 1980er Jahre während des ersten Palästinenseraufstands („Intifada“) gegen die israelische Besatzung. In den Jahren darauf saß er mehrere Haftstrafen in israelischen Gefängnissen ab, 1993 kehrte er nach Gaza zurück.

Haniyeh machte sich einen Namen als enger Vertrauter des spirituellen Hamas-Führers Ahmed Jassin, der 2004 bei einem gezielten Luftangriff Israels getötet wurde. Nach dem Sieg der Hamas über die rivalisierende palästinensische Fatah-Bewegung bei den Wahlen 2006 diente er kurze Zeit als Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde.

Als politische Führungsfigur wurde Haniyeh bald darauf auf die von den USA geführte Liste weltweit agierender Terroristen gesetzt. Israel macht ihn maßgeblich mitverantwortlich für das Oktober-Massaker der Hamas. Nach Haniyehs Tod übernahm Sinwar die Führung der Organisation.