Nach der Ankunft einer ersten Hilfslieferung auf dem Seeweg sind fast 200 Tonnen Lebensmittel für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen an Land gebracht worden. „Die gesamte Lieferung wurde entladen und wird an der Küste von Gaza zur Verteilung bereit gemacht“, teilte die an der Mission beteiligte Organisation „World Central Kitchen“ (WCK) am Samstag auf Anfrage mit.
Schiff ging vor Anker
Das Schiff „Open Arms“ ging am Freitag vor der Küste des abgeriegelten Küstengebiets vor Anker, wie die an der Mission beteiligte Organisation „World Central Kitchen“ (WCK) auf der X (vormals Twitter) mitteilte. Von einer schwimmenden Plattform, die die „Open Arms“ von Zypern aus Hunderte Kilometer übers Meer bis nach Gaza geschleppt hatte, wurden 115 Tonnen an Lebensmitteln und Trinkwasser ans Ufer gebracht, teilte das israelische Militär mit. Insgesamt stelle man im laufenden Gaza-Konflikt auf dem See- und Luftweg Lebensmittel für 37 Millionen Mahlzeiten zur Verfügung, schrieb WCK-Chef José Andrés auf X.
Der 54-jährige Andrés, ein in den USA lebende Starkoch spanischer Herkunft, hatte die humanitäre Organisation 2010 gegründet. Sie versorgt Menschen in Katastrophengebieten auf der ganzen Welt mit Mahlzeiten. Hilfsaktionen gab es unter anderem auch für ukrainische Flüchtlinge an der Grenze zu Polen.
Pilotprojekt für Versorgung im Gazastreifen
Die Mission der „Open Arms“ gilt als Pilotprojekt für eine bessere Versorgung der mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen, denen es wegen des Kriegs derzeit an praktisch allem fehlt. Das Schiff kreuzte auf der Route entlang eines geplanten Hilfskorridors, den die EU-Kommission und Zyperns Staatsführung vor einer Woche angekündigt hatten. Unabhängig davon planen die USA einen maritimen Korridor nach Gaza, für den das US-Militär ein schwimmendes Dock nahe der Gaza-Küste errichten soll.
Die humanitäre Notlage in Gaza spitzt sich seit Wochen zu. Im nördlichen Gazastreifen sind nach Erkenntnissen des UN-Kinderhilfswerks Unicef inzwischen 31 Prozent der Kinder unter zwei Jahren akut mangelernährt. Im Jänner seien es noch 15,6 Prozent der Kinder gewesen, teilte die Organisation am Freitag mit. Im Norden des palästinensischen Küstengebiets ist die Versorgungsnotlage aufgrund des anhaltenden Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas besonders schlimm.
Ein neuer Vorschlag der Hamas im Rahmen der schleppend verlaufenden indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Freilassung von israelischen Geiseln scheint indes Anlass zu vorsichtigem Optimismus zu geben. „Der Vorschlag bewegt sich grob umrissen innerhalb des Rahmens jenes Deals, an dem wir seit mehreren Monaten arbeiten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Freitag im Weißen Haus. Es sei gut, dass Israel nun wieder eine Delegation zu den Verhandlungen schicke, dass es den Hamas-Vorschlag gebe und darüber geredet werde. Der Teufel stecke allerdings im Detail.
Tatsächlich hat sich die Hamas nun dahin gehend bewegt, dass sie nicht mehr verlangt, dass Israel den Krieg beendet, bevor die ersten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ausgetauscht werden. Dem am Donnerstag bekannt gewordenen Vorschlag zufolge würden die Islamisten die Einstellung der Kampfhandlungen durch Israel erst zur Voraussetzung für eine zweite Phase der Geiselfreilassungen machen. Damit näherte sich die Hamas den Inhalten eines mehrstufigen Plans an, den die Vermittler USA, Ägypten und Katar vor mehreren Wochen vorgelegt hatten und den Israel akzeptierte.
Vorschlag der Hamas „unrealistisch“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu tat den Vorschlag der Hamas indes als „unrealistisch“ ab. Gleichzeitig hieß es, eine israelische Delegation werde nach einer Debatte des Sicherheitskabinetts über die israelische Position nach Katar reisen. Damit würden erstmals seit zwei Wochen wieder israelische Verhandler an den indirekten Gesprächen in der Hauptstadt Doha teilnehmen.
Die US-Regierung rief Israel am Freitag dazu auf, ihr Pläne für eine „glaubwürdige“ und „realisierbare“ Evakuierung aus der im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten gelegenen Stadt Rafah vorzulegen, sofern dort eine israelische Militäroffensive stattfinden soll. Man habe solche Pläne bisher nicht gesehen und würde die Gelegenheit begrüßen, diese zu Gesicht zu bekommen, sagte US-Sicherheitsratssprecher Kirby. „Wir können und werden keinen Plan unterstützen, der diese eineinhalb Millionen Flüchtlinge in Gaza nicht angemessen berücksichtigt“, betonte er. Es müsse einen Plan für diese Menschen geben - alles andere wäre eine „Katastrophe“, warnte er. Für die Menschen im Gazastreifen müsse es einen Ort geben, an dem sie vor den Kämpfen sicher seien.
Zuvor hatte Netanyahu nach Angaben seines Büros am Freitag die Pläne für einen Militäreinsatz in Rafah gebilligt. Die Armee bereite sich neben dem operativen Einsatz auf eine Räumung der Zivilbevölkerung vor, hieß es in der Mitteilung.