Im UN-Sicherheitsrat ist ein Resolutionsentwurf für einen sofortigen humanitären Waffenstillstand im Gazakrieg gescheitert. 13 der 15 Mitglieder des Gremiums stimmten am Freitag in New York zwar dafür, aber die USA legten ihr Veto gegen den von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebrachten Entwurf ein. Großbritannien enthielt sich. Zuvor hatte UNO-Generalsekretär António Guterres den Sicherheitsrat gedrängt, sich für einen solchen humanitären Waffenstillstand einzusetzen.

In der Vergangenheit waren bereits ähnliche Vorstöße am Widerstand der USA gescheitert. Die USA hatten sich stets hinter Israel gestellt und angegeben, dass solche Vorstöße per Resolution die laufenden diplomatischen Bemühungen vor Ort gefährden könnten.

„Grenze der Belastbarkeit“ erreicht

Die „Grenze der Belastbarkeit“ im Gazastreifen sei erreicht, hatte Guterres am Freitag in New York gesagt. „Es gibt ein hohes Risiko, dass das humanitäre Unterstützungssystem in Gaza komplett zusammenbricht, was verheerende Konsequenzen hätte.“ Die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung wird laut Augenzeugen immer dramatischer.

„Die von der Hamas begangene Brutalität kann niemals die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes rechtfertigen“, warnte Guterres. Gleichzeitig forderte er die „sofortige und bedingungslose Freilassung“ der verbliebenen Geiseln in der Hand der Hamas.

Artikel 99 der UN Charta

In einem entsprechenden Brief an den Rat bezog er sich auf Artikel 99 der UN Charta. Dieser erlaubt dem Generalsekretär, den Sicherheitsrat auf „jede Angelegenheit hinzuweisen, die seiner Meinung nach die Gewährleistung von internationalem Frieden und Sicherheit gefährden kann“ und ist den UN zufolge seit Jahrzehnten nicht angewandt worden.Die UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, hat sich indes zutiefst besorgt über Berichte von sexueller Gewalt gegen von der islamistischen Hamas in den Gazastreifen verschleppte Geiseln gezeigt. Patten rief in einer Mitteilung am Freitag zu einer sofortigen und bedingungslosen Freilassung der restlichen festgehaltenen Männer, Frauen und Kinder auf und forderte umfassende und unabhängige Untersuchungen zu den Anschuldigungen sexueller Gewalt.

In den vergangenen Wochen waren immer mehr Berichte über von Hamas-Terroristen verübte sexuelle Gewalt bei und seit dem Massaker gegen Israel am 7. Oktober ans Licht gekommen.

Im Gazastreifen wird die humanitäre Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung unterdessen aufgrund der massiven Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte immer dramatischer. In Rafah an der Grenze zu Ägypten und Al-Mawasi an der Mittelmeerküste gibt es Augenzeugenberichten zufolge kaum noch Lebensmittel, Trinkwasser und Unterkünfte für die Schutzsuchenden. Angesichts des Leids und der Vertreibung von Zivilisten wächst international die Kritik am Vorgehen der israelischen Armee.

Die islamistische Hamas missbraucht nach Angaben des israelischen Militärs immer wieder zivile Einrichtungen für Angriffe. So entdeckten Soldaten auf dem Gelände der Al-Azhar-Universität im Gazastreifen Waffen und Tunnel, wie die Streitkräfte am Freitag mitteilten. Auch aus der von Militärangriffen ausgenommenen „humanitären Zone“ in Al-Mawasi feuere die Hamas Raketen Richtung Israel ab

Versorgung der Menschen in Gaza „nicht mehr haltbar“

Im Gaza-Krieg steht die Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung mit dem Lebensnotwendigsten nach Darstellung des Welternährungsprogramms (WFP) vor dem Kollaps. „Es gibt nicht genug Essen. Die Menschen hungern“, schrieb der Vizedirektor des WFP, Carl Skau, auf X. Sein Team habe mehr als eine Million Menschen erreicht, „aber die Situation ist unhaltbar. Wir brauchen unsere Hilfsgüter und einen humanitären Waffenstillstand.“ Skau hatte sich am Freitag in Gaza ein Bild von der Lage gemacht. Es herrsche Chaos und Verzweiflung, Familien lebten auf den Straßen, erklärte er.

  Da nur ein Bruchteil der nötigen Nahrungsmittel in das von Israel abgeriegelte Küstengebiet gelange, es an Treibstoff mangle und niemand sicher sei, „können wir unsere Arbeit nicht machen“, fuhr Skau in einer Mitteilung des WFP weiter fort. An den Verteilungsstellen für humanitäre Hilfsgüter drängten sich Tausende verzweifelter, hungernder Menschen. In den Lagerstätten herrsche Verwirrung, die Notunterkünfte seien überfüllt. In einem entsprechenden Zustand befänden sich die Toiletten. Dazu jeden Tag im Hintergrund das dumpfe Donnern der Bombenangriffe, schilderte Skau.

  „Da Recht und Ordnung zusammengebrochen sind, ist jede sinnvolle humanitäre Aktion unmöglich“, bilanzierte Skau seine Beobachtungen. Die Menschen im Gazastreifen lebten unter ungesunden Bedingungen in Notunterkünften oder auf der Straße, während der Winter nahe. „Sie sind krank und haben nicht genug zu essen“, beklagte Skau.

Neue israelische Angriffe im Süden des Gazastreifens

Israel hat seine Militäroffensive im Süden des Gazastreifens am Samstag fortgesetzt. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums des Gazastreifens wurden bei einem israelischen Luftangriff auf die Stadt Khan Younis sechs Menschen getötet. Bei einem weiteren Angriff auf Rafah wurden demnach fünf Menschen getötet.