Die Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Hamas wird verlängert. Es sei eine Übereinkunft getroffen worden für zwei weitere Tage, teilte der Sprecher des Außenministeriums von Katar, Majid al-Ansari, am Montag mit. Eigentlich sollte die seit Freitag andauernde viertägige Waffenruhe am Dienstag in der Früh enden. Im Rahmen der Feuerpause übergab die Hamas nach israelischen Armeeangaben am Montagabend eine weitere Gruppe von Geiseln dem Roten Kreuz.
Elf weitere Geiseln freigelassen
Israelische Medien berichteten zuvor unter Berufung auf das Rote Kreuz, dass elf israelische Geiseln - zwei Mütter und neun Kinder - auf dem Weg nach Israel seien. Laut Katar seien drei französische Staatsbürger, zwei deutsche und sechs Argentinier unter den Freigelassenen. Auch sechs Thailänder sollen freikommen. Zuvor hatte es in Medienberichten geheißen, dass es zwischen Israel und der Hamas Unstimmigkeiten über die Namenslisten für den am Montag geplanten Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen gebe. Offenbar hätten Mütter von ihren Kindern getrennt werden sollen.
Es ist die vierte Gruppe an Geiseln, die seit Beginn der Feuerpause am Freitag im Gegenzug für die Freilassung palästinensischer Gefangener aus israelischen Gefängnissen freikommen würden. Zuvor kamen 58 Geiseln frei. Im Gegenzug für die freigelassenen Geiseln wurden 117 Palästinenser aus der Haft entlassen. Israels Regierungssprecher Eylon Levy sagte am Montag, es würden noch 184 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Davon seien 14 Ausländer sowie 80 Israelis mit einem Zweitpass.
Die Hamas hatte zuvor bestätigt, sich mit Katar und Ägypten auf eine zweitägige Verlängerung geeinigt zu haben. Ein Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefonat, es sollten die gleichen Bedingungen wie für die bisherige Feuerpause gelten. Eine Stellungnahme Israels lag zunächst nicht vor. Zuvor hatte Regierungssprecher Levy jedoch erklärt, es gebe „eine Möglichkeit“ für eine Verlängerung. Ein Vertreter der USA - Israels wichtigster Verbündeter - sagte dagegen, der Waffenstillstand werde verlängert. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Die verlängerte Feuerpause im Gaza-Krieg wird UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zufolge nicht ausreichen, um die benötigte Hilfe in den Gazastreifen zu bringen. Die Verlängerung sei ein „Schimmer der Hoffnung und der Menschlichkeit“. Es sei jedoch „dramatisch“, was die Bevölkerung dort benötige, sagte er am Montag. Guterres sprach von der Hoffnung, dass weitere Grenzübergänge geöffnet werden könnten. Dies würde es auch für Israel einfacher machen, die Lieferungen zu kontrollieren. Gegenwärtig ist nur noch ein Grenzübergang zu Ägypten geöffnet.
Biden zeigt sich dankbar
US-Präsident Joe Biden zeigte sich bei Israel, Katar und Ägypten dankbar für die Vereinbarung über die zweitägige Verlängerung. Die Pause solle einem „deutlichen Anstieg“ zusätzlicher humanitärer Hilfe für den Gazastreifen dienen. „Wir nutzen die Kampfpause in vollem Umfang, um die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu erhöhen, und wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, eine Zukunft in Frieden und Würde für das palästinensische Volk aufzubauen“, sagte Biden in einer Erklärung.
Bidens Sicherheitsberater hofft gleichzeitig auf eine weitere Ausweitung der Waffenruhe. „Wir wollen, dass alle Geiseln freigelassen werden, und dies ist der beste Weg, sie freizubekommen“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag. Eine weitere Verlängerung hänge davon ab, ob die palästinensische Terrororganisation Hamas weitere Geiseln freilasse. „Wir sind dankbar, dass wir zwei Tage mehr zur Verfügung haben (...) Wir würden es natürlich gerne sehen, wenn auch diese Pause weiter verlängert wird, bis alle Geiseln freigelassen sind.“
Generell sei die Entscheidung für eine Waffenruhe ein Balanceakt, betonte Kirby. „Jede Unterbrechung der Kämpfe könnte für den Feind von Vorteil sein.“ Dass die Hamas jede Feuerpause für sich nutzen würde, sei aber immer Teil der Diskussionen und „Teil des Kalküls“ gewesen. Gleichzeitig könnten in dieser Zeit Geiseln freigelassen werden und Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen.
US-Außenminister Blinken soll noch diese Woche Israel, das Westjordanland und die Vereinigten Arabischen Emirate besuchen, hieß es am Montagabend aus dem US-Außenministerium. Blinken werde dabei die Notwendigkeit der verstärkten Lieferungen von humanitärer Hilfe in den Gazastreifen und der Freilassung aller Geiseln betonen. Auch den Schutz von Zivilisten im Küstenstreifen und die Grundsätze Washingtons für die Zukunft Gazas will der US-Außenminister ansprechen.
Die US-Regierung geht unterdessen davon aus, dass nicht alle der noch rund 180 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln von der islamistischen Hamas festgehalten werden. „Wir glauben, dass nicht alle Geiseln in den Händen der Hamas sind“, sagte Kirby Montagfrüh (Ortszeit) im US-Fernsehen. Kirby nannte keine Zahl. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf nicht namentlich genannte diplomatische Quellen von schätzungsweise 40 Geiseln. Diese könnten demnach in den Händen der Terrororganisation Islamischer Jihad oder von Einzelpersonen sein.
Israels Armee hat angekündigt, ihre Angriffe nach der Feuerpause für mindestens zwei weitere Monate fortsetzen zu wollen. Die Soldaten sollen für die kommenden Kämpfe vorbereiten. Seit Kriegsbeginn wurden nach Hamas-Angaben auf palästinensischer Seite im Gazastreifen 15.000 Menschen getötet und mehr als 36.000 verletzt. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Auslöser des jüngsten Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen hatten. Dabei wurden mehr als 1.200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt, auch ein österreichisch-israelischer Doppelstaatsbürger. Ziel Israels ist die Zerstörung der Hamas.