Tausende Menschen, die auf Demonstrationen Partei für die palästinensische Seite im Nahost-Konflikt ergreifen und vereinzelt auch durch antisemitische Parolen wie beispielsweise „From river to the sea, Palestine will be free“ negativ auffallen: Diese Bilder lösen in vielen Teilen der österreichischen Bevölkerung Unverständnis aus.

Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), kann das durchaus nachvollziehen, wie er im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag sagt. „Ich selbst war noch bei keiner dieser Demos und wir als Islamische Glaubensgemeinschaft haben auch allen unseren Einrichtungen empfohlen, davon Abstand zu nehmen“, stellte er klar.

Die IGGÖ würde bereits seit dem 8. Oktober, also dem Tag nach dem Massaker der Hamas in Israel, Aufklärungsarbeit betreiben und sich dafür einsetzen, den Hass einzudämmen. „Wir sind in intensivem Austausch mit der jüdischen Gemeinde. Unsere Religionslehrerinnen und -lehrer wurden mit Lehrmaterialen ausgestattet, die die Situation für die Kinder pädagogische verständlich erklären“, berichtet der Jurist.

Er und sein Team würden wahrnehmen, dass es sehr viele Vorurteile gäbe. Daher sei der Austausch zwischen den Glaubensgemeinden wichtig, beispielsweise durch Besuche von Rabbiner in Moscheen oder Imamen in Synagogen.

Es sei kein religiöser Konflikt

Dass dieser islamische Antisemitismus bereits im Koran verankert wäre, verneint Vural. Dieser sei genauso wenig religiös begründet, wie der Konflikt im Nahen Osten von religiöser Natur sei. „Wir haben so viele Gemeinsamkeiten religiöser Natur. Darum dürfen wir auch nicht zulassen, dass dies ein religiöser Konflikt wird.“

Während der steigende Antisemitismus offensichtlich ist, berichtet Vural, dass auch die Muslime in Österreich aktuell deutlich mehr angefeindet werden. „Wir haben alleine im Oktober so viele antimuslimische Vorfälle wie von Jänner bis September zusammen“, erklärt der IGGÖ-Präsident. Das betreffe Erwachsene bei der Arbeit gleichermaßen wie Kinder in der Schule. Auf diese würde Druck ausgeübt werden, dass sie sich von diesem schrecklichen Terror distanzieren, obwohl sie „die Hamas teilweise gar nicht kennen und überhaupt keinen Einblick in die Vorfälle vor Ort haben“.

Sein Wunsch: Die Bekämpfung des Antisemitismus dürfe nicht zu Rassismus anderen Bevölkerungsgruppen gegenüber führen. Hierbei sei auch die Politik gefordert. Öffentliche Kritik, wie jene von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mickl-Leitner, sei nicht zielführend. Denn: „Es ist vollkommen egal, ob unschuldige Menschen auf israelischer oder palästinensischer Seite sterben. Uns alle verbindet das Leid.“