Fast sechs Wochen nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel haben Soldaten nahe dem Shifa-Krankenhaus im Gazastreifen zwei Leichen von Geiseln geborgen. Eine tote 65-Jährige sei in einem Nebengebäude des Hospitals entdeckt, nach Israel gebracht und identifiziert worden, teilte Israels Militär am Donnerstag mit. Freitagfrüh erklärte das Militär, in der Nähe des Krankenhauses seien die sterblichen Überreste einer entführten 19-jährigen Soldatin gefunden worden.
Die 65-jährige Frau war demnach am 7. Oktober bei dem Massaker der Hamas aus dem Grenzort Beeri entführt worden. Den Tod der 19-jährigen Soldatin hatte Israels Armee bereits am Dienstag vermeldet. Zu dem Zeitpunkt war unklar geblieben, woher das Militär die Information über den Tod der Frau hatte und ob ihre Leiche in der Obhut der Armee war. Es war das erste Mal, dass Israel einen zuvor von der Hamas behaupteten Todesfall unter den Geiseln bestätigte. Ihre Leiche sei am Donnerstagabend von Experten in Israel identifiziert worden, hieß es nun. Eine Todesursache wurde zunächst nicht mitgeteilt.
Angaben konnten nicht überprüft werden
Der bewaffnete Arm der islamistischen Hamas, die Qassam-Brigaden, hatte zuvor über Telegram ein Video der Frau veröffentlicht. Dabei war sie unter anderem mit schwersten Verletzungen zu sehen. Die Terrororganisation behauptete, die Soldatin sei am 9. November bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen getötet worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Der israelische Militärsprecher erklärte am Freitag, die Armee werde die Vermissten ausfindig machen und die Entführten nach Hause zurückbringen. Man werde nicht nachlassen, bis diese Mission erfüllt sei, schrieb er weiter. Am 7. Oktober hatten Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen bei Massakern und Angriffen im israelischen Grenzgebiet mit etwa 1.200 Toten auch rund 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israels Militär hat dem Al-Shifa-Krankenhaus unterdessen nach eigenen Angaben mehr als 4.000 Liter Trinkwasser und 1.500 Essensrationen geliefert, wie es am Freitag auf X mitteilte. Fotos zeigten einen Lastwagen mit Wasserflaschen und das Abladen einer Palette durch einen Gabelstapler. Die Informationen ließen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen. Am frühen Mittwochmorgen hatte das Militär berichtet, Soldaten seien in das größte Krankenhaus in der Stadt Gaza eingedrungen. Der Einsatz schien am Freitag weiter anzudauern - ungeachtet internationaler Proteste gegen den Militäreinsatz in einem Krankenhaus. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, die Klinik als Terrorstützpunkt zu missbrauchen.
Unterdessen wurden Details zu einem Anschlag vom Donnerstag bekannt. An an einer israelischen Militärsperre südlich von Jerusalem wurden dabei nach Militärangaben ein Soldat und drei Angreifer getötet. Militärsprecher Daniel Hagari bestätigte damit am Donnerstagabend vorige Informationen von Polizei und israelischen Medien, die sich auf den Rettungsdienst beriefen. Die Qassam-Brigaden bekannten sich zu dem Anschlag.
Die Angreifer hatten an dem Checkpoint des Militärs das Feuer eröffnet. Hagari zufolge hatten die Attentäter aus Hebron im Westjordanland Pläne, einen größeren Anschlag zu verüben. Medienberichten zufolge wollten sie nach Jerusalem gelangen.
Israels Generalstabschef Herzi Halevi kündigte am Freitag eine Ausweitung der Einsätze im Gazastreifen an. „Wir sind kurz davor, das militärische System im nördlichen Gazastreifen zu zerschlagen (...) wir werden in anderen Gebieten weitermachen“, sagte Halevi laut Mitteilung am Freitag bei einem Truppenbesuch im Gazastreifen. „Es bleibt zwar noch einiges zu tun, aber wir sind auf dem besten Weg.“
Kommandeure der islamistischen Hamas müssten „systematisch“ ausgeschaltet und Infrastruktur zerstört werden. Dazu würden „immer mehr Regionen ins Visier“ genommen.
1,6 Millionen Menschen auf der Flucht
Bisher konzentrierten sich Israels Bodentruppen in den vergangenen Wochen auf den nördlichen Teil des Gazastreifens. Experten gehen aber von einer möglichen Ausweitung der Einsätze auch im Süden aus. Dort kommt es bereits immer wieder zu Luftangriffen.
Eine mögliche Bodenoffensive könnte die ohnehin verheerende humanitäre Situation noch weiter verschärfen. Knapp 1,6 der rund 2,2 Millionen Einwohner des Küstengebiets sind nach UNO-Angaben infolge der Kämpfe auf der Flucht. Ein Großteil der Vertriebenen hält sich im Süden des Küstengebiets auf. Israels Militär hatte Zivilisten zur Evakuierung des Nordens aufgerufen.