Israel wird nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für unbestimmte Zeit die Verantwortung für die Sicherheit im Gazastreifen behalten. „Wir haben gesehen, was passiert, wenn wir sie nicht haben“, sagte Netanjahu in einem Interview mit dem US-Sender ABC auf die Frage, wer nach dem Ende des Gazakriegs zwischen Israel und der palästinensischen Hamas-Organisation in dem Gebiet regieren sollte.
„Denn wenn wir die Kontrolle über die Sicherheit nicht haben, wird der Terror der Hamas in einem Ausmaß ausbrechen, das wir uns nicht vorstellen können“, sagte Netanjahu. In demselben Interview schloss Netanjahu eine längere Feuerpause im Gazastreifen vorerst aus. „Ohne die Freilassung der Geiseln wird es keine allgemeine Feuerpause im Gazastreifen geben“, sagte er.
„Was die taktischen kleinen Pausen angeht – eine Stunde hier, eine Stunde dort –, die haben wir schon gehabt“, sagte Netanjahu. Vermutlich werde man die Umstände prüfen, damit humanitäre Güter in den Gazastreifen gelangen oder einzelne israelische Geiseln herauskommen könnten.
Zuvor hatte Netanjahu mit US-Präsident Joe Biden mögliche taktische Pausen bei den Angriffen auf den Gazastreifen erörtert. Die USA und Israel würden über solche vorübergehenden Unterbrechungen aus humanitären Gründen und wegen möglicher Geiselbefreiungen in Kontakt bleiben, sagt John Kirby, Sprecher des Weißen Hauses. Die beiden Regierungschefs hätten vereinbart, die Gespräche in den kommenden Tagen fortzusetzen.
Laut UNO 70 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen vertrieben
Washington hält daran fest, dass ein allgemeiner Waffenstillstand ein geeigneter Schritt sei. Es gelangten nicht genügend Hilfsgüter in den Gazastreifen – in den vergangenen 24 Stunden hätten weniger als 30 Hilfsgütertransporte in den Gazastreifen erreicht. Nach Angaben des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA sind seit Beginn des Krieges 70 Prozent der Bevölkerung in dem schmalen Landstrich vertrieben worden. Notunterkünfte seien teils mit dem Vierfachen ihrer Kapazität überbelegt. In etwa 240 UN-Einrichtungen sind demnach mehr als 1,2 Millionen Menschen untergekommen. Die Zustände seien unmenschlich und würden sich mit jedem Tag weiter verschlechtern. In einer Unterkunft stünden pro Person weniger als zwei Quadratmeter zur Verfügung. Mindestens 600 Menschen würden sich dort eine Toilette teilen. Es gebe Tausende Fälle von Infektions- und Durchfallerkrankungen sowie Windpocken.
Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas und anderer Gruppen bei Massakern und Angriffen im israelischen Grenzgebiet mehr als 1400 Menschen getötet und zahlreiche Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Mindestens 240 Menschen befinden sich weiter in der Gewalt der dort herrschenden Hamas. Als Reaktion auf den Überfall begann Israel eine Militäroffensive im Gazastreifen, um die militärischen Fähigkeiten der Hamas zu zerschlagen und sie von der Macht zu vertreiben.