Die radikalislamische Hamas hat bei ihrem Großangriff auf Israel vor über einer Woche 199 Menschen als Geiseln genommen und in den Gazastreifen verschleppt. "Wir haben die Familien von 199 Geiseln informiert", sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari am Montag vor Journalisten. Am Sonntag hatte Israel die Zahl der verschleppten Geiseln noch mit 155 angegeben.
Ausländer unter Entführten
Unter den Geiseln sind auch Ausländer und Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit. "Die Bemühungen zu den Geiseln haben höchste nationale Priorität", sagte Hagari. "Die Armee und Israel arbeiten rund um die Uhr daran, sie zurückzuholen."
Auf die Frage, wie sich die Tatsache, dass in dem Küstenstreifen so viele Geiseln festgehalten werden, auf die israelischen Angriffe dort auswirke, erwiderte der Armeesprecher: "Unsere Angriffsziele basieren auf Geheimdienstinformationen." Man wisse genau, was man dort angreife, nämlich Infrastruktur der dort herrschenden Hamas und ranghohe Mitglieder der Organisation.
Hamas hindert Menschen an Flucht
Hagari bekräftigte gleichzeitig, die Hamas hindere Menschen daran, sich wie von Israel angewiesen vom Norden in den Süden des Gazastreifens in Sicherheit zu begeben. "Leider missbraucht die Hamas ihre Bevölkerung als Schutzschilde, und es werden Zivilisten getötet", sagte Hagari.
Hunderttausende von Gaza-Einwohnern hätten sich aber bereits in den südlichen Abschnitt des Küstenstreifens begeben, so der Sprecher. Die Vereinten Nationen hatten Israels Evakuierungsanweisung kritisiert und vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Man unternehme "Riesenanstrengungen", um auf der Basis von Geheimdienstinformationen herauszufinden, wo genau die Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden, sagte Hagari. Man werde keine Angriffe fliegen, "die unsere Leute in Gefahr bringen". Die Hamas hatte behauptet, es seien Geiseln bei den Luftangriffen getötet worden. Dies lässt sich nicht unabhängig überprüfen.
Israel bombardiert weiter
Während Hunderttausende Palästinenser im Süden des Gazastreifens Schutz vor der erwarteten israelischen Bodenoffensive suchen, bombardiert Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben weiter Hamas-Ziele. In den vergangenen 24 Stunden seien die Angriffe im Gazastreifen fortgesetzt worden, gab das israelische Militär am frühen Montagmorgen bekannt. Wie die Nachrichtenseite Ynet unter Berufung auf Palästinenser berichtete, handelte es sich um die bisher schwersten Angriffe. Israels Luftwaffe fliegt seit den Hamas-Terrorangriffen vor zehn Tagen mit mehr als 1.400 Toten unablässig Gegenangriffe im Gazastreifen.
Israel warnt Zivilisten
Die Armee forderte erneut die Bevölkerung im Norden des Gazastreifens und der Stadt Gaza zur Flucht in den Süden des Küstengebietes auf. Die Armee werde zwischen 8.00 und 12.00 Uhr (Lokalzeit) einen entsprechenden Fluchtkorridor nicht angreifen, teilte ein Armeesprecher in arabischer Sprache auf der Plattform X mit. Dazu veröffentlichte er eine Karte mit einer eingezeichneten Route.
Die Zahl der Toten im Gazastreifen stieg auf inzwischen 2.750. Weitere rund 9.700 Menschen seien verletzt worden, erklärte das Gesundheitsministerium des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens am Montag. Unterdessen bereitet das israelische Militär eine mögliche Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Hunderttausende Reservisten sind an der Grenze zu Gaza mobilisiert.
Keine Feuerpause
Ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge vereinbarten die USA, Ägypten und Israel eine Feuerpause für den Süden des Gazastreifens. Diese sollte um 08.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit beginnen, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen laut der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Damit einher gehe die Öffnung des Grenzübergangs Rafah in Ägypten bis Montagnachmittag 16.00 Uhr (MESZ). Israel dementierte jedoch eine Feuerpause für den Süden des Gazastreifens. "Es gibt derzeit keine Waffenruhe und keine humanitäre Hilfe im Gazastreifen als Gegenleistung für den Abzug von Ausländern", heißt es in einer Erklärung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Die radikal-islamische Hamas erklärte, keine Kenntnis über eine Feuerpause zu humanitären Zwecken zu haben.