Seit rund einer Woche herrscht ein blutiger Krieg im Nahen Osten, Tausende Menschen sind bereits ums Leben gekommen. Ein Krieg, der nicht nur auf dem Schlachtfeld stattfindet, sondern auch im Internet – einsehbar für alle.
Im Sekundentakt erreichen uns neue Bilder von Raketenabschüssen, Angriffe auf Wohngebäude und Leid. Bei TikTok oder X (ehemals Twitter) braucht es oftmals nur zwei Klicks, bis man die volle Härte des Krieges zu Gesicht bekommt. "Diese Bilder können Angst, Unsicherheit und Unverständnis auslösen", sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 bei Rat auf Draht.
Schwierige Einordnung
Je nach Alter kann es vor allem Kindern und Jugendlichen schwerfallen, diese Bilder einzuordnen. "Wichtig ist, dass alle Gefühle, die in diesem Zusammenhang auftauchen, in Ordnung sind", sagt Satke und rät, dass Eltern mit ihren Kindern über diese Reaktionen reden sollten. Weiters rät die Expertin, sich sichere Orte zu schaffen, sich abzulenken und bewusst Medienpausen einzulegen.
Das Thema Israel ist derzeit überall sehr präsent, deswegen ist ein gänzlicher Schutz vor den brutalen Inhalten schwierig, sagt die Expertin. Vor allem, weil soziale Medien diese brutalen Inhalte forcieren. "Die Social-Media-Algorithmen spielen oft nach einmaligem Ansehen ständig ähnliche Inhalte aus", so Satke. Bei Social-Media-Plattformen wie zum Beispiel X wurden die Sicherheitsteams kürzlich verkleinert, die Maßnahmen eingespart. Das wirkt sich auf die gezeigten Inhalte aus. Die EU-Kommission hat Elon Musk nun wegen der "Verbreitung von illegalen Inhalten" und "Falschinformationen" in seinem Online-Dienst X verwarnt.
Fake-News-Krieg auf Social Media
Zusätzlich zu den verstörenden Bildern kommen gezielte Falschinformationen dazu, die in den sozialen Medien gestreut werden. Diese Situation ist üblich, weiß André Wolf von Mimikama, Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch. "Wenn eine Kriegssituation ausbricht, sehen wir einen schnellen Anstieg an Falschinformationen", so Wolf. Vor allem sind es Bilder von Angriffen, die in den sozialen Medien herumgereicht werden, die oftmals nicht aus der aktuellen Situation in Israel stammen, sondern aus anderen Ländern oder gar Videospielen.
Wenn man Fake News erkennen will, kann man sich zunächst fragen, ob die vorliegenden Inhalte die Situation neutral beschreiben, oder ob sie "in mir etwas auslösen sollen", sagt Wolf.
Wichtig sei es bei Fake News und gewaltvollen Beiträgen, nicht mit dem Inhalt zu interagieren. "Auch wenn ich einen bösen Smiley kommentiere, merkt sich das der Algorithmus", so Wolf. Vor allem sollen brutale Videos aus dem Krieg nicht weiterverbreitet werden, dadurch unterstütze man nur die digitale Kriegsführung der jeweiligen Parteien. Er rät zusätzlich, Jugendschutzfilter einzuschalten, falls diese vorhanden sind. Außerdem soll man über die Situation mit seinen Kindern, Schülerinnen und Schülern oder Freundinnen und Freunden reden und sich fragen, wie man mit Inhalten umgeht und was die eigene Rolle in diesem Prozess ist. "Wir sind nicht nur Empfänger, sondern auch Sender in den sozialen Medien", so Wolf.