Israels Armee bereitet sich auf eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen vor. "Wir bereiten uns auf ein Bodenmanöver vor, falls dieses von der politischen Führung entschieden wird", sagte Militärsprecher Richard Hecht am Donnerstag. Eine solche Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Armeesprecher: "Kein Flächenbombardement"

Der israelische Sprecher betonte angesichts von Bildern weitreichender Zerstörungen im Gazastreifen, es gebe "kein Flächenbombardement" in dem Palästinensergebiet. Israels Militär wolle mit den Angriffen im Gazastreifen die gesamte Führungsspitze der dort herrschenden islamistischen Hamas ausschalten. Dies schließe nicht nur die militärische, sondern auch die politische Führung der Hamas ein, sagte Hecht. Nach israelischen Informationen habe auch die politische Führung einschließlich des Chefs der Hamas in Gaza, Yahya al-Sinwar, von den Anschlagsplänen gewusst. Man bemühe sich auch um die Identifikation aller bei den Tötungen und Entführungen in Israel beteiligten Terroristen.

Regierungsminister gesteht Verantwortung ein

Nach dem überraschenden Hamas-Terrorangriff auf Israel hat erstmals ein Minister der Regierung Benjamin Netanyahus Mitverantwortung übernommen. "Wir sind die Regierung zu dem Zeitpunkt, als es passiert ist. Wir sind verantwortlich", sagte Bildungsminister Yoav Kisch am Donnerstag im israelischen Fernsehen. Auch die Armee sei verantwortlich.

Präsident Herzog: "Maschinerie des Bösen vor der Haustür"

Der israelische Präsident Isaac Herzog rief unterdessen die Welt auf, sich klar gegen Terror zu positionieren. Auch die Medien müssten die Realität sehen und die radikalislamische Hamas "ohne Wenn und Aber und ohne Erklärungen als Terrororganisation" bezeichnen, sagte er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Jerusalem, wie Kathpress meldet. Emotional reagierte Herzog auf Fragen nach dem Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Dort gebe es einen Staat, der eine "Maschinerie des Bösen direkt vor unserer Haustür" errichtet habe, mit einer gesamten Nation, die verantwortlich sei, so Herzog. Die Rhetorik von unwissenden Zivilisten sei nicht wahr. "Sie hätten aufstehen können und gegen das böse Regime kämpfen können, das Gaza in einem Staatsstreich übernommen hat." Israel betreibe keine Vergeltungsmaßnahmen und halte sich an internationales Recht.

Iran wähnt Völkermord

Der Iran wirft indes Israel vor, mit der Blockade des Gazastreifens einen Völkermord anzustreben. "Der Krieg, den wir heute im Gazastreifen erleben, ist nicht nur der Krieg der Zionisten gegen die Hamas, es ist der Krieg der Zionisten gegen alle Palästinenser", sagt der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian. "Heute hat die Fortsetzung der Kriegsverbrechen von Netanyahu und den Zionisten gegen die Zivilbevölkerung von Gaza, die Blockade, die Abschaltung von Wasser und Strom und die Verweigerung der Einfuhr von Medikamenten und Nahrungsmitteln Bedingungen geschaffen, unter denen die Zionisten einen Völkermord an allen Menschen im Gazastreifen anstreben."

UNO spricht von "Kollektivstrafe"

Bei den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen handelt es sich UNO-Sonderberichterstattern zufolge um eine Kollektivstrafe. Die Gruppe von unabhängigen Experten verurteilte die Verbrechen, die die radikal-islamische Hamas an Israelis begangen habe. Israel habe aber seinerseits zu willkürlichen militärischen Mitteln gegen die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens gegriffen, heißt es in der Erklärung. Die Palästinenser lebten seit 16 Jahren mit einer "rechtswidrigen Blockade" und hätten bereits fünf große, brutale Kriege hinter sich, die nicht aufgearbeitet worden seien. "Das kommt einer Kollektivstrafe gleich." Es gebe keine Rechtfertigung für Gewalt gegen unschuldige Zivilisten - weder von der Hamas noch von israelischen Soldaten. "Das ist nach internationalem Recht verboten und ist ein Kriegsverbrechen."

Israel hatte Donnerstagfrüh Dutzende Luftangriffe in Richtung des Flüchtlingslagers Al-Shati und im Norden des Gazastreifens ausgeführt. Augenzeugen zufolge wurde auch Gaza-Stadt aus der Luft bombardiert. Hamas-Behörden meldeten außerdem einen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Jabaliya.

Tötlicher Übergriff von Siedlern an zwei Palästinensern

Im Westjordanland haben unterdessen dem dortigen Gesundheitsministerium zufolge israelische Siedler zwei Palästinenser getötet. Ein Vater und sein Sohn seien am Mittwoch in Qusra bei Nablus erschossen worden, als die Siedler bei einer Beerdigung das Feuer eröffnet hätten, berichten Augenzeugen der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Zahl der bei Luftangriffen Israels im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist am Donnerstag auf mindestens 1.354 gestiegen. Mehr als 6.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza am Donnerstag mit.

Opferzahl steigt auf 1300

Bei dem Hamas-Angriff am Samstag sind in Israel mindestens 1.300 Menschen ums Leben gekommen, berichtete am Donnerstag der israelische öffentlich-rechtliche Sender Kan. Zuletzt war die Rede von rund 1.200 Getöteten.

Nach Ansicht der israelischen Geheimdienstministerin Gila Gamliel zur Abschreckung anderer Extremistengruppen in der Welt führen. Israel müsse die Hamas "ausrotten", damit niemand auch nur auf die Idee komme, "das, was (in Israel) passiert ist, als Modell" für künftige Anschläge zu nutzen, meinte Gamliel gegenüber AFP.