"Wir stehen in diesen schweren Zeiten an Israels Seite." Das ließ Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch im Rahmen einer von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) initiierte Gedenkveranstaltung für die israelischen Opfer des Hamas-Terrors am Ballhausplatz in der Wiener Innenstadt wissen. In einer von der Schauspielerin Mercedes Echerer vorgetragenen Botschaft erklärte Van der Bellen zudem: "Kein politisches Anliegen rechtfertigt solche Verbrechen."
Bei den Gräueltaten durch Hamas-Terroristen, die bisher unvorstellbar erschienen seien, handle sich um "reinen Hass", so der Bundespräsident in seiner Stellungnahme im Rahmen des IKG-Gedenkens, an dem laut Polizei bis zu 200 Personen teilnahmen. Es war mit einem Gebet von Oberrabbiner Jaron Engelmayer eröffnet worden.
"Dürfen nicht schweigen"
"Wir dürfen nicht schweigen, wenn erneut Juden zum Opfer fallen. Die ganze Welt, jede Institution und jeder Staat, muss Einfluss nehmen, um die Gewalt zu beenden. Alle Geiseln sind sofort freizulassen – Menschen dürfen nicht als Faustpfand missbraucht werden", betonte das Staatsoberhaupt, das laut Veranstaltern krankheitsbedingt nicht selbst teilnehmen konnte.
Brutal seien etwa tausend Menschen ermordet worden, darunter viele Frauen und Kinder, erinnerte Van der Bellen. "Ein Pogrom von unfassbarem Ausmaß entfaltet sich vor unseren Augen. Die Terroristen filmen diese Gräueltaten und stellen sie triumphierend ins Netz."
Israel sei für viele Juden "nicht nur ein Land", ließ der Bundespräsident verlauten. "Es ist mehr als das – nach dem Holocaust ein Zufluchtsort. Ein Garant dafür, dass Juden nie wieder verfolgt werden." "Niemals wieder" gelte weiterhin, auch angesichts dieser Tragödien. Viele Juden in Österreich würden trauern oder um Verwandte und Freunde in Israel bangen, hielt Van der Bellen fest. "Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt Ihnen."
IKG-Präsident Oskar Deutsch schilderte zu Beginn des Gedenkens einige der zahlreichen Schicksale von Menschen, die den Angriffen zum Opfer fielen. "Die Bestialität ist grenzenlos", sagte Deutsch darüber.
Keine Bilder der bestialischen Morde
Man habe sich bewusst entschieden, bei auf der Veranstaltung keine Bilder oder Videos von den Ereignissen zu zeigen. "Wir alle kennen sie und werden sie wohl nie vergessen", sagte Deutsch. "Wir dürfen und werden das nie vergessen", führte er aus.
Der IKG-Präsident verwies auf den Fall eines Österreichers, der ebenfalls bei den Angriffen getötet wurde. Denn gerade österreichische Jüdinnen und Juden hätten eine besondere Beziehung zu Israel, so Deutsch. Israel sei die spirituelle Heimat des Judentums. "Wir sind Österreicher und tragen Israel im Herzen." Nun müsse dafür gesorgt werden, dass ein Massaker wie am Samstag nie wieder geschehe, hieß es von ihm.
Dank an Sicherheitskräfte
Deutsch bedanke sich bei allen Sicherheitskräften für das Ermöglichen der Veranstaltung, kritisierte jedoch auch, dass nach wie vor Jüdinnen und Juden weltweit vor Angriffen geschützt werden müssten. "Wie lange noch?", fragte er.
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hatte im Vorfeld ersucht, auf dem Weg zum Ballhausplatz bzw. beim Verlassen der Veranstaltung mitgeführte Israel-Fahnen, Transparente etc. verdeckt zu führen und den Bereich rund um den Stephansplatz zu meiden, wo ursprünglich eine propalästinensische Demo geplant war.
Gegen die Gefährdung müssten nun nicht nur die Sicherheitskräfte vorgehen, sondern die ganze Zivilgesellschaft. Das gelinge auch durch solche Veranstaltungen. Auch in Wien gebe es Unterstützer der Hamas, die deren Entführungen und Morde gutheißen würden. "Sie haben aber auch Verbündete, die nicht so offen den Terror der Hamas bejubeln. Vereinzelte Hamas-Apologeten in Medien und Wissenschaft, die täglich eine mediale Bühne für ihre Relativierungen erhalten."
Dabei gebe es – egal ob in Gaza oder Israel – nur einen klaren Verantwortlichen für Tote: "Die Hamas", so Deutsch.
Im weiteren Verlauf sollten Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Bundeskanzler Karl Nehammer (beide ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger das Wort ergreifen.
Trotz Absage: 150 Personen bei Pro-Palästina-Demo
Eine für Mittwochabend angemeldete Pro-Palästina-Demo in der Wiener Innenstadt war wenige Stunden zuvor untersagt worden. Am Stephansplatz versammelten sich laut Augenzeugen rund 150 Personen, zum Teil mit Palästina-Fahnen. Die Polizei machte darauf aufmerksam, dass eine Kundgebung untersagt worden sei.
Terroristen hatten am Samstag im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas ein Massaker unter israelischen Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Die Zahl der Toten liegt nach Armeeangaben bei mehr als 1200. Mindestens 3000 weitere Menschen seien verletzt worden. Die Zahl der bei israelischen Gegenangriffen Israels im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg am Mittwoch nach palästinensischen Angaben auf mindestens 1100. Über 5300 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit.