Angesichts massiver Proteste gegen seine Regierung hat der serbische Präsident Aleksandar Vučić vorgezogene Parlamentswahlen am 17. Dezember angekündigt. "Serbien steht an einem Wendepunkt, die Bürger sollen sagen, was für eine Politik sie wollen", sagte Vučić am Donnerstagabend im regierungsnahen Privat-TV-Sender Prva. Er werde die vorgezogene Neuwahl bis zum 2. November ausschreiben, wie dies die Verfassung vorsieht.
Zwei Amokläufe im Mai mit 18 Toten, darunter ein von einem 13-Jährigen verübtes Schulmassaker in Belgrad, haben wöchentliche Demonstrationen gegen die Regierung ausgelöst. Die Teilnehmer der Proteste werfen den von Vučić kontrollierten Medien vor, im Lande ein Klima des Hasses und der Gewaltverherrlichung zu schüren.
Mehrheit für SNS und Verbündete
Das gegenwärtige Parlament hatten die Serben im April des Vorjahres gewählt. Die nationalistische Präsidentenpartei SNS hat darin zusammen mit Verbündeten eine komfortable Mehrheit. Vorgezogene Neuwahlen sind in Serbien häufig. Vučić regiert mit autoritären Methoden. Medien, Justiz und Verwaltung sind zum Großteil in Händen von Gefolgsleuten des Präsidenten, der auch SNS-Vorsitzender ist.
Auch im Konflikt mit dem Kosovo, einer heute fast ausschließlich von Albanern bewohnten ehemaligen serbischen Provinz, hat sich die Vučić-Regierung in eine schwierige Lage manövriert. Am 24. September hatte ein aus Serbien eingedrungener Kommandotrupp eine Ortschaft im Nordkosovo überfallen. Bei Gefechten waren drei serbische Para-Militärs und ein albanischer Polizist ums Leben gekommen.
Die EU-vermittelten Gespräche zwischen Serbien und Kosovo, die bis dahin schon nicht weitergekommen waren, dürften damit noch prekärer werden. Experten fordern, dass die EU und die USA, die Vučić bisher viel Verständnis entgegenbrachten, wegen der Aggression im Nordkosovo Strafmaßnahmen gegen Belgrad verhängen.