Eineinhalb Wochen nach der Parlamentswahl ist in der Slowakei eine neue Regierungskoalition fixiert worden. Die Parteichefs der linkspopulistischen Smer (Richtung), Hlas (Stimme) und der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) haben am Mittwoch in Bratislava eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Sie sieht vor, dass die Smer von Ex-Premier Róbert Fico den Premier stellen wird und die Partei Hlas seines Vorgängers Peter Pellegrini den Parlamentschef.
Durch diese Lösung wird die potenziell konfliktträchtige Situation vermieden, dass zwei frühere Premiers gemeinsam am Kabinettstisch sitzen. Pellegrini hatte dies im Vorfeld ausgeschlossen. Unklar blieb bis zur Unterzeichnung des Memorandums, welcher der beiden Parteichefs Premier wird. Dies dürfte Smer-Chef Fico sein, während Pellegrini wohl Parlamentspräsident wird.
"Garant" für EU- und NATO-Mitgliedschaft
Smer wird demnach den Regierungschef und sechs Minister stellen, Hlas sieben Minister, die SNS drei. In dem Memorandum bekennen sich die drei künftigen Koalitionspartner auch zur EU- und NATO-Mitgliedschaft der Slowakei. Diese Formulierung dürfte auf Hlas-Chef Pellegrini zurückgehen, der am Vortag betont hatte, ein "Garant" für die EU- und NATO-Mitgliedschaft der Slowakei sein zu wollen.
Der Linkspopulist Fico hatte die Slowakei von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 regiert. Er ist wegen seiner pro-russischen Haltung umstritten. Im Wahlkampf hat er angekündigt, die slowakischen Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen zu wollen. Auch die EU-Sanktionen gegen Russland sieht er kritisch. Führende EU-Politiker hatten im Vorfeld der Wahl die Befürchtung geäußert, dass ein Machtwechsel in Bratislava eine "neue Dynamik" in Sachen Ukraine-Unterstützung bringen könnte. Trotz der Quertreibereien des rechtskonservativen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hatte die EU bisher eine einheitliche Linie gegenüber dem Aggressor an den Tag gelegt.
Mit Regierungsbildung beauftragt
Fico war von Präsidentin Zuzana Čaputová in der Vorwoche mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Am Dienstag beschloss der Vorstand von Pellegrinis Hlas einstimmig, Koalitionsgespräche mit Smer und SNS beginnen zu wollen. Mit der SNS hatte Fico bereits in der Vergangenheit regiert, was ihm eine Rüge der EU-Sozialdemokraten eingetragen hatte. Auch diesmal steht wieder eine Suspendierung von Ficos Mitgliedschaft in der europäischen Parteienfamilie im Raum.
Pellegrini ist ein langjähriger Weggefährte Ficos. Als dieser wegen der Massenproteste nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciák im Jahr 2018 als Regierungschef zurücktrat, folgte ihm Pellegrini in diesem Amt nach, blieb aber Smer-Chef. Nach der verlorenen Parlamentswahl 2020 gründete Pellegrini seine eigene Partei Hlas, die zeitweise in den Umfragen deutlich vor Ficos Smer lag. Bei der Wahl landete sie an dritter Stelle hinter Smer und der pro-europäischen liberalen Partei Progresivné Slovensko (PS).
Pellegrini begründete die Entscheidung für Koalitionsverhandlungen mit Smer und SNS damit, dass eine Dreierkoalition "praktikabler" ist und auch dem Wählerwillen entspreche. Sollte das Regierungsbündnis aber nicht funktionieren, werde seine Partei die Koalition aber verlassen.
Die bei den Parlamentswahlen geschlagenen Mitte-Rechts-Parteien hatten gehofft, mit Pellegrinis Unterstützung weitermachen zu können. Sie hatten die Rechnung für drei Jahre chaotischer Regierungszeit präsentiert bekommen. PS-Chef Michal Šimečka sagte, dass er die Entscheidung des Hlas-Chefs "respektiert". Zugleich bestritt er, dass es unter den möglichen Partnern einer alternativen Regierung Meinungsverschiedenheiten gebe. PS, die Christdemokraten (KDH) und die liberale SaS seien zur Bildung einer Viererkoalition mit Hlas bereit, beteuerte er. SaS-Chef Richard Súlik äußerte sein Bedauern, dass Pellegrini nicht sofort nach der Wahl der Posten des Regierungschefs angeboten worden sei. "Das hat Fico in die Karten gespielt", so Súlik. Ex-Premier Igor Matovič warf Pellegrini "Wahlbetrug" vor. "Wir waren die einzigen, die sagten, dass er (Pellegrini) sich letztlich wieder seiner eigenen Mafia anschließen würde", sagte der Ol'ano-Chef.