Nach massiven Angriffen aus dem palästinensischen Gazastreifen auf Israel hat die israelische Armee am Samstag den Kriegszustand erklärt. Das Militär reagierte damit auf Überraschungsangriffe militanter Palästinenser mit Hunderten von Raketen sowie das Eindringen bewaffneter Kämpfer aus dem Gazastreifen nach Israel. Berichten zur Folge sollen mindestens 22 Personen getötet worden sein. In einem Video führte die Hamas zudem drei gefangene Soldaten vor.

Aus Kreisen der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas-Organisation verlautete, es seien auch Israelis in den Küstenstreifen entführt worden. Dafür gab es aber von Seiten der israelischen Armee zunächst keine Bestätigung. Die Hamas hatte nach den massiven Angriffen den Beginn einer Militäroperation gegen Israel erklärt.

"Bürger Israels, wir sind im Krieg", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin in einer Videobotschaft aus dem Militärhauptquartier in Tel Aviv. Die Ausrufung des Kriegszustandes ermöglicht es der israelischen Armee, außergewöhnliche Schritte zu ergreifen und Reservisten zu mobilisieren. "Wir sind im Krieg und wir werden gewinnen", erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant sagte: "Die Hamas hat heute Morgen einen schweren Fehler begangen und einen Krieg gegen den Staat Israel begonnen." Israelische Soldaten kämpften "an allen Stellen, an denen eingedrungen wurde". Er rief die Bürger dazu auf, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten und sagte: "Israel wird diesen Krieg gewinnen."

Mindestens 40 Personen sollen bei den Angriffen getötet worden sein. Man habe beschlossen, israelischen "Verbrechen" ein Ende zu setzen, sagte der Hamas-Militärchef Mohammed Deif. Israel konterte mit Gegenangriffen. So führt die israelische Luftwaffe nach Angaben eines Sprechers Luftschläge im Gazastreifen aus. Ein Zeuge berichtet von Explosionen im Gazastreifen und in Gaza-Stadt. Verletzte gab es dabei zunächst keine. Die Palästinenser-Miliz Islamischer Jihad ist nach eigenen Angaben mit Kämpfern an dem Hamas-Angriff auf Ziele in Israel beteiligt.

In verschiedenen Städten Israels hatten die Warnsirenen geheult, wie die Armee mitteilte. Auch in Tel Aviv war Raketenalarm zu hören gewesen. Das Militär rief die Einwohner der südlichen und zentralen Landesteile auf, in geschützten Bereichen zu bleiben. Israel feiert gerade das jüdische Fest Simchat Tora (Freude der Tora). Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wollte im Verlauf des Tages Sicherheitsberatungen mit Vertretern des Verteidigungsministeriums und der Armee abhalten.

Der Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, eine etwa 60 Jahre alte Frau sei bei einem direkten Treffer nahe Gedera tödlich verletzt worden. Zwei Menschen hätten bei den Angriffen aus Gaza schwere Verletzungen erlitten. Laut Rettungsdienst wurden weitere Menschen im Süden und in der Küstenebene in Krankenhäuser gebracht.

Auch in der Küstenmetropole Tel Aviv wurde nach Armeeangaben ein Haus getroffen. Es war zunächst unklar, ob es dabei Verletzte gab. Der Rettungsdienst rief wegen eines Mangels an Blutkonserven zu dringenden Blutspenden im Ichilov-Krankenhaus in Tel Aviv auf. Sanitäter berichteten außerdem von Verletzten bei den Raketenangriffen im Bereich der Ortschaften Ashkelon, Gedera und Javne.

Israelische Medien berichteten, dass Bewaffnete in der südisraelischen Stadt Sderot das Feuer auf Passanten eröffnet hätten. In mehreren Städten im Süden Israels gebe es Feuergefechte zwischen palästinensischen Angreifern und israelischen Sicherheitskräften. Dabei wurde der Präsident des Regionalrats der israelischen Grenzorte nordöstlich des Gazastreifens getötet. Ofir Liebstein sei "bei einem Schusswechsel mit Terroristen" getötet worden, teilte der Regionalrat von Shaar Negev am Samstagmorgen mit.

Der massive Angriff aus dem Gazastreifen kam unerwartet. Die Lage besonders im besetzten Westjordanland hatte sich allerdings zuletzt wieder zugespitzt. Seit Donnerstag waren dort vier Palästinenser bei eigenen Anschlägen oder Konfrontationen mit der Armee getötet worden.

Die Sicherheitslage in Israel und dem Westjordanland ist seit langem angespannt. Seit Jahresbeginn wurden 27 Israelis, eine Ukrainerin und ein Italiener bei Anschlägen getötet. Im selben Zeitraum kamen mehr als 200 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder nach eigenen Anschlägen ums Leben.

An der Gaza-Grenze war es im vergangenen Monat mehrfach zu gewaltsamen Protesten gekommen. Dabei wurden auch Sprengsätze auf Soldaten geworfen, mehrere Palästinenser wurden durch Schüsse verletzt. Die israelische Luftwaffe griff angesichts der Vorfälle mehrmals Posten der im Gazastreifen herrschenden militanten Palästinenser-Organisation Hamas an.