Im Streit um die Asylreform haben sich die EU-Staaten auf einen Kompromiss geeinigt. Die Mitgliedsländer machten nach Angaben der spanischen Ratspräsidentschaft bei der Sitzung der ständigen Vertreter am Mittwoch in Brüssel den Weg für die sogenannte Krisenverordnung frei, die als letzter Baustein der Reform gilt. Die Krisenverordnung sieht deutlich verschärfte Maßnahmen vor, wenn – wie es heißt – durch Migrantinnen und Migranten eine Überlastung der Asylsysteme droht.
Über die Krisenverordnung könnte etwa der Zeitraum verlängert werden, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt.
Italien setzt sich durch
Streit gab es zuletzt zwischen Deutschland und Italien um die Rolle privater Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer. Mit dem Kompromiss hat sich nun Italien weitgehend durchgesetzt: Auf Drängen der ultrarechten Regierung in Rom wurde nach Diplomatenangaben ein Absatz aus dem Gesetzestext genommen, der sich auf die Einsätze der Seenotretterinnen und Seenotretter bezog. Er besagte, dass die Folgen dieser Rettungseinsätze nicht für die Feststellung des Krisenfalls herhalten dürften. Der Absatz steht nun nur noch als Zusatzklausel in dem Entwurf.
Humanitäre Bedenken
Deutschland hatte die Krisenverordnung wegen humanitärer Bedenken lange blockiert, Ende September dann aber bereits einem ersten Kompromiss zugestimmt. Die seit der verstärkten Fluchtbewegung im Jahr 2015 umkämpfte Asylreform soll bis zur Europawahl im Juni 2024 stehen. Dafür müssen sich die EU-Länder allerdings noch mit dem Europaparlament auf das Gesetzespaket einigen, was ebenfalls als vertrackt gilt.
Härterer Umgang
Grundsätzlich sehen die Pläne für die EU-Asylreform unter anderem einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern vor, die als relativ "sicher" gelten. Sie sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob die Antragsstellerin oder der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll die betreffende Person umgehend zurückgeschickt werden.
EU-Länder, die keine Geflüchteten aufnehmen wollen, sollen zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.