Polen hat scharf auf die jüngsten Äußerungen des ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Selenskyj reagiert, der dem Nachbarn "politisches Theater" im Zusammenhang mit dem Verbot von Getreideexporten vorgeworfen hatte. "Ich möchte Präsident Selenskyj sagen, dass er die Polen nie wieder beleidigen soll, wie er es kürzlich in seiner Rede vor den Vereinten Nationen getan hat", zitierte die Nachrichtenagentur PAP am Freitagabend Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

Zuvor am Freitag hatte der polnische Präsident Andrzej Duda zu deeskalieren versucht und erklärt, der Streit zwischen Polen und der Ukraine über Getreideimporte werde die guten bilateralen Beziehungen nicht wesentlich belasten.

Einfuhrverbot verlängert

Polen hatte in der vergangenen Woche beschlossen, das Einfuhrverbot für ukrainisches Getreide zu verlängern. Das hat die Beziehungen zwischen den Nachbarn stark belastet. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 gilt Polen als einer der treuesten Verbündeten der Ukraine. Selenskyj hatte für Verärgerung gesorgt, als er in dieser Woche vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York erklärte, seine Regierung bemühe sich um die Erhaltung der Landwege für Ausfuhren, doch das "politische Theater" darum helfe nur Moskau.

Polen will "starken ukrainischen Staat"

Der polnische Außenminister Zbigniew Rau schrieb in einem Beitrag für das Magazin "Politico", Polen wolle, dass ein starker ukrainischer Staat mit einer dynamischen Wirtschaft aus dem Krieg hervorgehe. Warschau werde die Bemühungen der Ukraine um einen Beitritt zur NATO und zur EU weiterhin unterstützen. Es diene beides den Interessen Polens: die Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen und die polnischen Bürger vor unlauterem wirtschaftlichem Wettbewerb zu schützen.

Polen hatte ebenso wie die Slowakei und Ungarn nationale Beschränkungen für ukrainische Getreideimporte verhängt, nachdem die EU-Kommission ein entsprechendes Verbot nicht verlängert hatte. Sie argumentierten, dass billige ukrainische Agrarerzeugnisse, die hauptsächlich für den Transit nach Westen und zu den Häfen bestimmt sind, vor Ort verkauft werden und damit den eigenen Landwirten schadet. Die Slowakei hatte am Donnerstag den Streit beigelegt und ein Lizenzsystem mit der Ukraine vereinbart.