EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ist am Sonntag mit der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni und EU-Binnenkommissarin Ylva Johansson auf Lampedusa eingetroffen. Die drei Politikerinnen besuchten die für Migranten-Ankünfte vorgesehene Mole am Hafen der Insel, wo seit Wochenbeginn zahlreiche Bootsmigranten angekommen sind.

Von der Leyen stellte bei ihrem Besuch einen Aktionsplan der EU in zehn Punkten vor. "Irreguläre Migration ist eine europäische Herausforderung und wir müssen sie europäisch lösen", sagte sie bei einer Presseerklärung mit Giorgia Meloni. Laut dem Plan soll die EU-Grenzschutzbehörde Frontex Italien aktiver bei der Registrierung der Migranten unterstützen. Die EU will außerdem verstärkt Verhandlungen mit den Herkunftsländern der Migranten führen, um die Migrationsströme zu stoppen. Die Verhandlungen soll der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas führen, erklärte von der Leyen. Die Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer, wenn sie kein Recht auf Verbleib in Europa haben, soll erleichtert werden. Dies soll auch mit einer Harmonisierung der Gesetzgebung in den EU-Ländern erfolgen.

Die EU will auch den Kampf gegen die Schlepperei mithilfe von Tunesien verschärfen. Hinzu soll die Luftüberwachung im Mittelmeer gestärkt werden. Die Ausrüstung der tunesischen Küstenwache soll aufgestockt werden. Italien soll außerdem bei der Zerstörung der Migrantenboote unterstützt werden. Hinzu will Europa legale Einwanderungswege mit der Einrichtung humanitärer Korridore erleichtern. Die EU will diesbezüglich die Kooperation mit der Internationalen Migrantenorganisation (IOM) und mit dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR stärker fördern. Das italienisch-tunesische Migrationsabkommen müsse schnell auf andere nordafrikanische Staaten übertragen werden.

Zuvor hatten Meloni, von der Leyen und Johansson auch den Ort besichtigt, an dem Dutzende von Migrantenbooten versammelt sind. Der Ort wird als "Bootsfriedhof" genannt, da dort Dutzende von Booten aus Holz oder Metall verstaut werden, bevor sie entsorgt werden können. Bei der Fahrt war der Konvoi mit den Politikerinnen von Demonstranten blockiert worden. Diese verlangten, mit Meloni zu sprechen. Die Premierministerin stieg aus ihrem Auto aus und versprach, dass sie alles Erdenkliche unternehmen werde, um die von der Migrationswelle schwer belastete Insel zu unterstützen. Daraufhin entschlossen sich die Demonstranten, die Straße zu räumen.

Rotes Kreuz dementiert Zeltlager

Auf Lampedusa war es bereits am Samstag zu einer Protestkundgebung von Anrainern gekommen. Sie demonstrierten gegen angebliche Pläne zur Errichtung eines Zeltlagers für die Unterbringung der Migranten, da der Hotspot der Insel überfüllt ist. "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU", skandierten die Demonstranten, die einige Straßen blockierten. Das Rote Kreuz, das die Flüchtlingseinrichtung der Insel verwaltet, dementierte indes Pläne für die Errichtung eines Zeltlagers.

Inzwischen kommen weiterhin Migranten auf Lampedusa an. 144 Menschen erreichten am Sonntagfrüh die süditalienische Mittelmeerinsel. Am Samstag waren 1000 Migranten an Bord von 23 Booten eingetroffen. Die Behörden meldeten, dass weitere Boote mit hunderten Menschen an Bord in Richtung Lampedusa unterwegs seien.

Im Hotspot der Insel befinden sich derzeit circa 2000 Personen. 640 Migranten sollen im Laufe des Sonntags Lampedusa in Richtung Sizilien verlassen. Damit wollen die Behörden die Insel entlasten, die diese Woche mit präzedenzlosen Migrationsbewegungen konfrontiert war. 11.000 Personen erreichten diese Woche Lampedusa, auf der 6300 Personen leben.