Der Termin des EU-Kommissionsvertreters Martin Selmayr im österreichischen Außenministerium hat bereits stattgefunden. Das bestätigte das Ministerium der APA am Dienstag auf Anfrage. Nähere Angaben zu Zeitpunkt und Inhalt des Treffens gab es nicht. Selmayr war in der Vorwoche ins Außenministerium zitiert worden, nachdem er die Zahlungen Österreichs für Erdgas aus Russland als "Blutgeld" bezeichnet hatte. Er musste am Montag deswegen auch in Brüssel zum Rapport erscheinen.
55 Prozent Gas weiter aus Russland
"Oh mein Gott, 55 Prozent des österreichischen Gases kommen weiterhin aus Russland", hatte der EU-Vertreter bei der Diskussionsveranstaltung der Kunstmesse viennacontemporary am Mittwochabend gesagt. Österreich finanziere derart Putins Krieg und niemand sei auf der Wiener Ringstraße, um dagegen zu protestieren. "Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt", hatte Selmayr erklärt.
Die FPÖ reagierte daraufhin empört und forderte die Abberufung Selmayrs. Am heutigen Dienstag legte sie noch einmal nach und forderte, dass Justizministerin Alma Zadić und Gesundheitsminister Johannes Rauch (beide Grüne) nicht an kommenden Veranstaltungen im Haus der Europäischen Union in Wien gemeinsam mit Selmayr teilnehmen sollten. "ÖVP-Bundeskanzler (Karl) Nehammer muss daher entsprechend auf seine beiden Regierungsmitglieder einwirken, nicht auf Selmayrs Bühne aufzutreten und gegenüber der EU-Kommission Druck für dessen sofortige Abberufung machen!", so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung.
"Im Grunde hat er recht"
Die EU-Kommission distanzierte sich kurz nach deren Bekanntwerden von Selmayrs Aussagen. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) bezeichnete diese als "unseriös und kontraproduktiv" und "völlig einseitig". Vonseiten der österreichischen EU-Abgeordneten kam hingegen über Parteigrenzen hinweg Verständnis für die Kritik des EU-Vertreters an Österreichs Gaspolitik. "Die Formulierung war überspitzt, sie war sicher nicht die diplomatisch feine Klinge, aber im Grunde hat er recht", sagte dazu die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Evelyn Regner (SPÖ).
Auch die Grünen zeigten Verständnis für den Ausdruck, die Diskussion darüber sei indes eine "Sommerloch-Debatte", so die grüne EU-Delegationsleiterin Monika Vana. "Seit wann wird man in Österreich ins Außenamt zitiert, wenn man die Wahrheit sagt?", fragte wiederum die Neos-Europaabgeordnete Claudia Gamon.