Die meisten EU-Länder haben schon längst eine Botschaft in Bagdad eröffnet. Der Sturz Saddam Husseins ist dieses Jahr zwanzig Jahre her. Warum ist Österreich so spät, um im Irak Flagge zu zeigen?

ANDREA NASI: Der Irak ist seit langem ein wichtiger Partner der EU und ihrer Mitgliedstaaten in der Region. Daher sind in der Tat bereits etwas über die Hälfte wieder mit einer Botschaft ins Land zurückgekehrt. Auch für uns sind die Bedingungen zur Eröffnung einer Botschaft mit der sich verbessernden Sicherheitslage in den letzten Jahren reif geworden. Jetzt ist es an der Zeit und vor allem wichtig, dass wir Präsenz zeigen.

Trotzdem gibt es seit Jahren österreichisches Engagement im Irak, ich denke da an die OMV, die schon vor zehn Jahren im Nordirak Probebohrungen nach Öl unternommen hat. Ich denke da an das irakisch-österreichische Wirtschaftsbüro, das als eines der ersten westlichen Länder ebenfalls in Irak-Kurdistan tätig wurde. Es gab ein Wiener Kaffeehaus in Erbil, und, und, und.

Genau diesem Engagement will die Wiedereröffnung der Botschaft in Bagdad Rechnung tragen. Die Entwicklungszusammenarbeit ist uns wichtig, wie zum Beispiel die Kooperation zwischen der Universität für Bodenkultur Wien und der Universität Mossul bei nachhaltigem Wassermanagement zeigt. Aber wahr ist, dass das wirtschaftliche Engagement Österreichs sich schnell an die Gegebenheiten angepasst und schon schnell Früchte getragen hat.

Das heißt doch aber, dass die Politik der Wirtschaft hinterherhinkt?

Mit der Eröffnung der Botschaft wird das bestehende privatwirtschaftliche Engagement eine zusätzliche Unterstützung erfahren.

Gibt es ein Engagement auch im Süden Iraks oder ist es bis jetzt beschränkt auf den Norden?

Ein sehr wichtiges Projekt ist die Planung der Errichtung einer Entsalzungsanlage in den Sumpfgebieten bei Basra durch die österreichische Firma ILF. Damit soll nicht nur das Wasser für die Versorgung einer Raffinerie entsalzt, sondern auch ein Beitrag zur Sanierung der bedrohten Sümpfe geleistet werden. Wir engagieren uns stark im Wassermanagement. 

Wofür will sich der künftige Botschafter besonders einsetzen, was sind die Ziele Österreichs im Irak?

Enge und umfassende Zusammenarbeit bei der Migration, bei der Sicherheit, der Wirtschaft und der Energie, um es auf den Punkt zu bringen.

Österreich hat pro Kopf gerechnet die meisten irakischen Flüchtlinge in Europa aufgenommen, will der Nato-Ausbildungs- und Beratungsmission beitreten und importiert viel Öl aus dem Irak.

Fakt ist, dass rund 60 Prozent der Asylanträge aus dem Irak abgelehnt werden. Es ist uns daher wichtig, dass wir mit dem Irak auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Dabei geht es uns nicht nur um die Rückübernahmen, sondern auch um die Bewältigung der Ursachen der illegalen Migration, etwa durch die Unterstützung von Maßnahmen vor Ort.

Sicherheit und Energie?

Die NATO-Mission soll bis zu zehn Soldaten umfassen und damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Iraks leisten. Zur Energie: Die Ölimporte aus dem Irak nach Österreich sind bedeutend. Letztes Jahr waren es 570 Millionen Euro, die dafür ausgegeben wurden, 2021 gar ca. 677 Millionen Euro. Der Irak ist dadurch einer der wichtigsten Energielieferanten für Österreich geworden.