In Gabun haben eine Gruppe Soldaten und Polizisten in einer Fernsehansprache das "Ende des derzeitigen Regimes" verkündet. Die zwölf Männer kündigten am Mittwoch zudem an, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende zu annullieren und "alle Institutionen der Republik" aufzulösen. Präsident Ali Bongo Ondimba wurde nach Angaben der Putschisten unter Hausarrest gestellt.
Bongo befinde sich im Kreise seiner Familie und Ärzte, teilten die Anführer des Staatsstreichs am Mittwoch im Staatsfernsehen mit. Einer seiner Söhne sei wegen "Hochverrats" festgenommen worden, gaben sie weiter bekannt. Es wurde zunächst nicht mitgeteilt, wo Bongo und seine Familie festgehalten werden. Die Präsidentenfamilie beherrschte Gabun 56 Jahre lang.
Offiziere wollen Gabun vor dem "Verfall" retten
Die Militärs begründeten den Staatsstreich mit der "unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung" von Präsident Bongo, die zu einem "kontinuierlichen Verfall des sozialen Zusammenhalts" geführt habe, der das Land "ins Chaos" zu stürzen drohe. Sie gaben an, für das "Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen" zu sprechen. Unter den Putschisten befanden sich Mitglieder der Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit des Präsidenten, sowie Soldaten der regulären Armee und Polizisten.
In der Hauptstadt Libreville waren kurz nach der Fernsehansprache kurzzeitig Schüsse zu hören. In verschiedenen Vierteln der Hauptstadt und anderer Stäte versammelten sich hunderte Menschen, die hupend durch die Straßen fuhren und "Gabun ist befreit!" und "Bongo raus!" riefen. Das Internet war nach mehrtägiger Sperre im Gefolge der Wahlen am Mittwoch wieder zugänglich. In dem ölreichen Land, das auch Mitglied des Erdölkartells OPEC ist, leben auf der dreifachen Fläche Österreichs rund 2,3 Mio. Menschen.
Wahlen von Betrugsvorwürfen überschattet
Die Regierung in Gabun war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Im Land hatten am Samstag Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden. Nur kurz zuvor hatte die Wahlkommission den langjährigen Staatschef Bongo zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Der Präsident habe bei der Abstimmung nach offiziellen Angaben 64,27 Prozent der Stimmen erhalten.
Die Wahlen am Samstag waren überschattet von Betrugsvorwürfen und Unregelmäßigkeiten. Wahllokale öffneten nach Berichten der Opposition zu spät oder gar nicht, zudem fehlten die Stimmzettel mit dem Namen von Bongo-Herausforderer Albert Ondo Ossa in vielen Büros. Ondo Ossa warf Bongo "Betrug" vor und erklärte sich selbst zum rechtmäßigen Gewinner der Wahl. Die Regierung von Bongo verhängte noch vor Schließung der Wahllokale eine landesweite Ausgangssperre und beschränkte den Zugang zum Internet, um die Verbreitung von "Falschinformationen" und Aufrufen zur Gewalt zu unterbinden.
Präsidentenfamilie wird Korruption vorgeworfen
Der Präsident Bongo löste 2009 seinen verstorbenen Vater Omar Bongo Ondimba abgelöst, der seinerseits das Land seit 1967 regiert hatte. Der Familie Bongo wird seit langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen.
Achter Militärputsch in Afrika seit 2020
Der Militärputsch ist der jüngste in einer Reihe von Staatsstreichen in Afrika seit 2020. Zuletzt hatte das Militär im Juli im Niger geputscht und den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt. Um die verfassungsgemäße Ordnung wieder herzustellen, hat sich die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS notfalls zu einem militärischen Eingreifen bereit erklärt, setzt aber primär auf eine diplomatische Lösung. Auch in Mali, Guinea, Burkina Faso und im Tschad hatte das Militär zuletzt die Macht übernommen. Das weiter südlich liegende Gabun gehört nicht der 15 Mitglieder umfassenden Staatengruppe an.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab sich angesichts der Nachricht über einen erneuten Putsch in Afrika innerhalb kurzer Zeit besorgt. "Wenn das bestätigt wird, ist das wieder ein Militärputsch, der die Instabilität in der Region verstärken", betonte er am Rande des informellen EU-Verteidigungsministerrates im spanischen Toledo am Mittwoch. "Das ist ein großes Thema für Europa", unterstrich Borrell. "Das ist eine sehr schwierige Situation und die Minister müssen sich genau überlegen, was dort passiert und wie wir unsere Politik gegenüber diesen Ländern verbessern können."