Am Morgen musste der bayerische Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor einem Sonder-Koalitionsausschuss antreten und Auskunft über ein antisemitisches Flugblatt erteilen, das während seiner Schulzeit bei ihm gefunden wurde.

Autorenschaft unklar

Hubert Aiwanger war im Vorfeld der Veröffentlichung mehrmals von der "Süddeutschen Zeitung" um eine Stellungnahme gebeten worden, kam dieser allerdings nicht nach. Nach Bekanntwerden der Geschichte stritt er ab, die Hetzschrift verfasst zu haben, wollte den Autor allerdings nicht nennen. Dennoch gab er zu, dass damals Exemplare des Holocaustopfer verhöhnenden Papiers in seiner Schultasche gefunden wurden. Kurz darauf gab sich Aiwangers Bruder Helmut als Verfasser zu erkennen.

Dementsprechend hoch waren die Hoffnungen, Aiwanger könne heute Zweifel aus dem Weg räumen. Diese wurden allerdings nicht erfüllt. Regierungschef Markus Söder trat am Mittag vor die Presse und informierte über den Verlauf der Sitzung.

Abschließende Klärung offen

Aiwangers Aussagen reichen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zufolge "definitiv nicht für eine abschließende Klärung" aus. "Es blieben und bleiben viele Fragen offen", betonte Söder. Daher wird Aiwanger ein 25 Fragen umfassender Katalog vorgelegt, den er "nach bestem Wissen und Gewissen" beantworten wolle. Ebenfalls erklärte sich der Freie-Wähler-Chef einverstanden, dass alte Schulakten eingesehen werden dürfen, sofern diese noch vorhanden seien.

Eine Entlassung eines Staatsministers für ein über 30 Jahre altes Papier, von dem sich Aiwanger heute deutlich distanziert habe, würde jedoch ein "Übermaß" darstellen, so Söder. Einen Freibrief stelle dies allerdings nicht dar, zumal der Schaden am Freistaat Bayern bereits immens sei. Nun dürfe "nichts mehr hinzukommen", unterstreicht der Ministerpräsident.

Festhalten an Koalition

Allerdings stelle dies die Koalition mit den Freien Wählern nicht infrage. Diese sei gut und man wünsche sich, sie fortzuführen. Und da Koalitionen "nicht nur an einer Person" hingen, liefert Söder die Stoßrichtung der nächsten Wochen vor. Solle es nötig sein, Aiwanger abzusetzen, wird man dem höchstwahrscheinlich nachkommen. An einer "bürgerlichen Regierung", wie Söder das CSU-FW-Bündnis gestern auf einer Wahlkampfveranstaltung nannte, wird die Causa Aiwanger wenig rütteln.