Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz herrscht noch immer keine Klarheit über die Umstände. Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigte am Donnerstagabend nur indirekt den Tod seines einstigen Günstlings, der als Chef der Privatarmee Wagner zwei Monate zuvor gegen ihn gemeutert hatte. Allerdings geht auch die US-Regierung offenbar davon aus, dass Prigoschin am Mittwochabend ums Leben kam.
Trauernde legen Blumen aufs Grab
Eine offizielle Identifizierung der Leiche Prigoschins durch die russischen Behörden stand bis Freitag noch aus. Putin sprach indes schon in der Vergangenheitsform von dem "talentierten Geschäftsmann" und Söldnerführer. "Er war ein Mensch mit einem schwierigen Schicksal, und er hat ernsthafte Fehler gemacht", sagte er. Während der Meuterei der Wagner-Kämpfer gegen die russische Führung im Juni hatte Putin seinem langjährigen militärischen Handlanger Prigoschin Verrat vorgeworfen, ihm und seinen Gefolgsleuten dann aber die Ausreise nach Belarus ermöglicht.
Bei dem Flugzeugabsturz kamen zehn Menschen ums Leben. An Prigoschins Firmensitz in St. Petersburg und in anderen russischen Städten legten Trauernde Blumen nieder. Prigoschin und seine Wagner-Truppe hatten zwar wegen ihrer verdeckten Auslandseinsätze und wegen ihrer Brutalität auch im Inland keinen guten Ruf. Doch seine Kritik an Fehlern der russischen Militärführung machte ihn für viele Russen auch zu einem Helden. In sozialen Medien wurde der Vorwurf erhoben, das vermeintliche Flugzeugunglück sei in Wahrheit ein Attentat auf Prigoschin gewesen – eine Einschätzung, die auch viele westliche Politiker und Militärexperten vertreten.
Die "New York Times" und andere US-Medien berichteten unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, dass vermutlich eine Explosion an Bord des Flugzeugs den Absturz ausgelöst habe. Eine endgültige Schlussfolgerung sei noch nicht gezogen, eine Explosion aber derzeit die wahrscheinlichste Begründung, schrieb die "New York Times". Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums sagte, es gebe keine Hinweise, dass der Jet von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden sei. Dies hatten Prigoschin nahestehende Webseiten und Kanäle in sozialen Medien gemutmaßt.
Der Kommandant des Russischen Freiwilligenkorps (RVC), Denis Kapustin, forderte die Kämpfer der Söldnergruppe Wagner auf, den Tod Prigoschins und ihres Kommandanten Dmitri Utkin zu rächen. "Ihr steht jetzt vor einer schweren Entscheidung. Ihr könnt euch in ein Wachhaus des russischen Verteidigungsministeriums stellen und als Wachhunde für die Vollstrecker eurer Befehlshaber dienen oder Rache nehmen", sagte Kapustin in einer am späten Donnerstag veröffentlichten Videoansprache. Um Rache zu nehmen, würden sie aber auf die Seite der Ukraine wechseln müssen. Der RVC ist eine Gruppe russischer Kämpfer, die auf ukrainischer Seite kämpfen.